Rezension

Viel Selbstdarstellung - Antlitzdiagnostik ist keine Hexerei

Ich lese dich -

Ich lese dich
von Eric Standop

Bewertet mit 3 Sternen

Eric Standop erlitt nach einer steilen Karriere im Management mit Mitte 30 den ersten Burnout. In der Folge befasste er sich mit der Bedeutung unserer Ernährung, entdeckte die Antlitzdiagnostik und beschloss, Menschen zu einem authentischen Leben zu verhelfen. Sein Buch erzählt, wie er u. a. von einem erfahrenen Hongkonger Gesichtsleser als Schüler  unterrichtet wurde und was er von Klienten in aller Welt lernte. Schwerpunkte der Antlitzdiagnostik sind die Gesichtsform, das Verhältnis der Gesichtshälften zueinander, Form und Proportionen der Lippen, die Augenform, aber auch die Hauttönung und das Faltenbild. Die Erforschung der menschlichen Physiognomie geht z. B. auf Hippokrates, Paracelsus, Aristoteles, Darwin, Hufeland und Schüßler zurück. Standop arbeitet ähnlich wie Wahrsager oder Lebensberater, die z. B. ihre Klienten ermutigen, verdrängte Talente oder Seiten ihrer Persönlichkeit zu leben oder ihnen Zugang zu ihrem Persönlichkeitstypus ebnen. Als Moderator und Referent ist er gewohnt, in aller Welt vor Publikum zu aufzutreten und bewundert zu werden.

Sein Buch besteht aus Anekdoten auf dem Weg zum Gesichtsleser-Star, sehr guten gezeichneten Illustrationen und eingeschobenen Übungs-Teilen, mit denen sich intensiv beschäftigen sollte, wer seine Menschenkenntnis um das Gesichtslesen erweitern möchte. Das übersichtliche Layout des Buches mit Kapitelüberschriften erleichtert den Zugriff. Hochinteressant finde ich Standops Begegnung mit der chinesischen Kultur. So wendet er die Lehre von den fünf Elementen nicht nur für menschliche Gesichter, sondern auch für den Wohnort von Klienten an und weist ihnen damit entscheidende Wege. Standops Lehrmeister hatte ihn zu Beginn ihrer Meister-Schüler-Beziehung darauf hingewiesen, dass er zu ichbezogen wäre, zu stark auf Äußerlichkeiten reagiere und deshalb nur schwer mit Menschen kommunizieren könnte. Das ist lange her, aber auch in diesem Buch rangiert Standorps Selbstdarstellung weit vor der „guten Sache“, der Antlitzdiagnose im Dienst am  Klienten und als einem Werkzeug unter mehreren im therapeutischen Methodenkoffer. Weil die Wörter Ich und mein so breiten Raum im Text einnehmen, konnte mich sein Buch allein stilistisch wenig begeistern. Es vermittelt Wissen, über das z. B. erfahrene Pflegekräfte oder Therapeuten verfügen, die es nur weniger publikumswirksam weitergeben als Standop.