Rezension

Vier Sterne für Veronica Roths Debutroman

Divergent - Veronica Roth

Divergent
von Veronica Roth

Darum gehts:

In Beatrice Prior's dystopian Chicago world, society is divided into five factions, each dedicated to the cultivation of a particular virtue - Candor (the honest), Abnegation (the selfless), Dauntless (the brave), Amity (the peaceful), and Erudite (the intelligent). On an appointed day of every year, all sixteen-year-olds must select the faction to which they will devote the rest of their lives. For Beatrice, the decision is between staying with her family and being who she really is - she can't have both. So she makes a choice that surprises everyone, including herself.
 

Mein Eindruck:

Mit Divergent hat Veronica Roth eine spannende neue dystopische Welt erschaffen, in die es mir großen Spaß gemacht hat einzutauchen. Allerdings fällt es mir nicht leicht, all meine Eindrücke zu dem Buch in Worte zu fassen.

Vor dem Lesen wusste ich nicht viel über das Buch, aber die vielen positiven Rezensionen haben mich neugierig gemacht. Mir war lediglich bewusst, dass es sich um eine Dystopie handelt, in deren Welt alle Menschen in 5 Fraktionen aufgeteilt werden - und natürlich dass die Protagonistin anders ist als die anderen, nämlich divergent.

Falls ich nicht die letzte bin, die das Buch noch nicht gelesen hat, lasst euch gesagt sein dass die Hauptperson, Beatrice Prior, in einem dystopischen Chicago lebt. Zu Beginn des Buches gehört sie der Fraktion der Selbstlosen (Abnegation) an, die das Wohlergehen der anderen vor ihr eigenes setzen. Beatrice' Eltern und auch ihr Bruder Caleb scheinen damit zufrieden, doch Beatrice beobachtet immer wieder, dass sie doch einiges stört an dieser Lebensweise.

Unterschwellig merkt man schon zu Beginn der Geschichte, dass das System, in dem Beatrice lebt, nicht gerade stabil ist. Aber ich meine, wer von uns möchte sich auch wirklich endgültig entscheiden, nur ehrlich, nur intelligent, nur hilfsbereit, nur mutig oder nur selbstlos zu sein, und dass für den Rest seines Lebens? Eine Mischung aus allem wäre doch wohl das Beste für eine funktionierende Gesellschaft.

Doch wie alle 16-Jährigen müssen auch Beatrice und ihr Bruder sich laut den Gesetzen ihrer Welt für eine Fraktion entscheiden. Welche Fraktion auch immer dabei herauskommt - diese wird fortan wichtiger sein als die eigene Familie. Dafür werden sie getestet, doch bei Beatrice' Test läuft etwas schief. Sie ist divergent - sprich, sie gehört zu gleichen Teile in mehrere Fraktionen. Das Ergebnis muss unbedingt geheim bleiben, denn Divergente werden als potenzielle Gefahr für den Staat gesehen. Beatrice entscheidet sich daraufhin dafür eine Fraktion, bei der sie fortan lebt.Über weite Teile des Buches hinweg verfolgen wir nun, wie Tris (wie Beatrice sich fortan nennt) sich in ihrem neuen Zuhause eingewöhnt.

Die Gewalt im Buch war ein wenig gewöhnungsbedürftig, denn während der Initiation in die neue Fraktion - die den Großteil des ersten Bandes ausmacht - werden die Neulinge nicht gerade mit Samthandschuhen angefasst. In Faustkämpfen und Computersimulationen werden Tris und Co. sowohl körperlich als auch psychisch an ihre Grenzen getrieben und kriegen ihre schlimmsten Ängste vor Augen gefürhrt, damit sie lernen diese zu überwinden. An manchen Stellen habe sogar ich als Leser Phantomschmerzen gekriegt. Aber auch nach Ende der Initiationsrituale, als Tris schon ein vollwertiges Fraktions-Mitgleid ist, nimmt die Gewalt nicht ab, ganz im Gegenteil.  Denn ihre Fraktion gerät in eine gefährliche Intrige...

Tris muss Dinge mitansehen, die sie (und auch mich beim Lesen) tief erschüttern. Sie ist Teil eines Planes geworden, der an kalter Berechnung und Brutalität kaum zu überbieten ist. Andererseits ist all das nötig, um Tris zu der Person zu machen, die sie ist, und trotz all der schlimmen und schmerzhaften Dinge, die ihr widerfahren, und all der Schwächen, die man als normaler Mensch nunmal hat, schafft sie es immer wieder, sich aufzurappeln und weiterzumachen. In meinen Augen war sie eine glaubwürdige Protagonistin, die auf dem Weg zu ihrem wahren Ich ist - mit 16 ist das vollkommen normal, aber das System macht es ihr auch nicht gerade leicht.

Auch eine Liebesgeschichte gibt es im Buch, denn Tris verliebt sich nach und nach in ihren Ausbilder Four - endlich mal eine glaubhafte Liebe und keine Romanze á la "Einmal gesehen und unsterblich verliebt". Neben all der Gewalt und den Entbehrungen habe ich Tris diese zarten Momente voller Frieden und Hoffnung doch sehr gegönnt, obwohl den beiden von Anfang an klar ist, das eine Beziehung aufrecht zu erhalten nicht einfach wird in ihrer Welt.

Was mich ein wenig gestört hat waren die Nebencharaktere. Sie sind zwar gut in die Handlung eingewoben, aber alles in allem wirken sie leider ziemlich scharz-weiß, denn es gibt praktisch nur 2 Gruppen. Auf der einen Seite die Gruppe um Christina, die Tris' beistehen und stets zu ihr halten, auf der anderen Seite Molly, Peter und Drew, die Tris wegen ihrer Abnegation-Eltern und ihrem Geschick in einigen der Initiationstests absolut hassen - wie ich finde sogar ein bisschen zu inbrünstig um noch glaubwürdig zu sein. Im ganzen Buch gibt es nur eine kurze Ausnahme aus dieser schematischen Einteilung in Gut und Böse, aber ich möchte hier nicht zu viel verraten. Meiner Meinung nach hätte sich Veronica Roth ein bisschen mehr Mühe mit den Nebencharakteren geben und sie etwas gehaltvoller gestalten können.

Als langatmig oder zu ausschweifend empfand ich das Buch dagegen nie. Die Story hatte einige unerwartete Wendungen. Insbesondere die Handlung im letzten Drittel des Buches ist wirklich rasant und fesselnd - ich konnte das Buch einfach nicht mehr aus der Hand legen. Das Ende des Buches kommt dann abrupt. Es ist nicht wirklich ein schlimmer Cliffhanger, aber ich würde doch sehr gerne wissen, wie es weitergeht, da die Handlung doch stark an Fahrt aufgenommen hat.

Der Schreibstil der Autorin hat mir ganz gut gefallen. Sie schafft es trotz relativ kurzer Sätze und simple Worte eine ganze Welt vor dem geistigen Auge des Lesers entstehen zu lassen. 
Allerdings hätte ich mir, wie oben schon erwähnt, gerne ein paar mehr Infos zu den Nebencharakteren gewünscht, damit diese weniger blass und prototypisch wirken. Auch über eine ausführlichere Beschreibung des dystopischen Chicago hätte ich mich gefreut, denn für jemanden wie mich, der noch nie in Chicago war, ist es doch teilweise schwer, sich die Stadt vorzustellen.

Fazit:

Divergent war eine tolle Leseerfahrung. Veronica Roth hat sich hier eine solide Dystopie ausgedacht, über die man unbedingt mehr erfahren möchte. Die Handlung war sehr spannend, aber stellenweise auch so brutal, dass ich das Buch nicht unbedingt den jüngeren Lesern empfehlen würde. Ein bisschen was muss man beim Lesen schon aushalten können. Die Nebencharaktere wirkten teils ein wenig farblos, aber die Hauptcharaktere waren dagegen einfach menschlich und sympathisch. Ich freue mich schon auf Band 2!