Rezension

Von den großen und den kleinen Dingen

Der Gott der kleinen Dinge - Arundhati Roy

Der Gott der kleinen Dinge
von Arundhati Roy

~~Arundhati Roy – Der Gott der kleinen Dinge

Vor dem Hintergrund der politischen Umbrüche Indiens erzählt Arundhati Roy voller Sprachmagie die schillernde Geschichte einer Familie, die an einer verbotenen Liebe zerbricht. (Klappentext)

Die siebenjährigen Zwillinge Rahel und Estha müssen erleben, dass sich ihr ganzes Leben an einem einzigen Tag unwiderruflich verändert, durch ein einziges, verhängnisvolles Ereignis.

"Aber bei Gelegenheiten wie dieser werden immer nur die kleinen Dinge gesagt. Die großen Dinge lauern unausgesprochen im Inneren." Seite 192
Eine Besonderheit dieses Romans ist es, dass dieser dramatische  Wendepunkt zwar von Anfang an angedeutet wird, der Leser dann aber seeeehr lange darüber im Unklaren gelassen wird, was denn nun genau Fürchterliches passiert ist. Lieber springt die Autorin munter von einer Zeitebene (davor) in die andere (danach) und wieder rückwärts. Dies zusammen mit einem doch recht anspruchsvollem Schreibstil fordert dem Leser Einiges an Konzentration und Aufmerksamkeit ab. Auch weil die Autorin viele kleine Begebenheiten erzählt und verknüpft, die für den Fortgang der Geschichte unwesentlich sind. Dafür erfährt man aber einiges an kulturellen, auch religiösen Hintergründen des ländlichen Indiens. Dabei ist dieses Buch durchaus auch politisch. Es geht auch um das herrschende Kastensystem, um die Konflikte zwischen Berührbaren und Unberührbaren, und nicht zuletzt geht es um eine ganz undenkbare Liebe. Die Leidtragenden der Tragödie sind die drei Kinder des Romans.

Gerade die traumhaft märchenhafte Sprache mit deutlichem indischem Einschlag ist das ganz besondere dieses Romans. Der Leser wird richtiggehend verzaubert und fühlt sich weggebeamt in den Fernen Osten. Ein Buch, das es wert ist, öfter als nur einmal gelesen zu werden! Dringende Leseempfehlung!

 „Während sie sprach, zerfiel die wartende Melodie, die über ihr hing wie der funkelnde Sonnenschirm eines Tempelelefanten, und schwebte lautlos wie Staub zu Boden.“ Seite 231