Rezension

Was es heißt, mutig zu sein

Alles, was ich sehe - Marci Lyn Curtis

Alles, was ich sehe
von Marci Lyn Curtis

Bewertet mit 5 Sternen

Klappentext: Maggie hasst ihr neues Leben als Blinde. Sie will keine tapfere Kranke sein, und auf Unterricht von anderen Blinden kann sie gut verzichten. Nach einem missglückten Streich passiert es: Sie kann wieder sehen! Nur einen Ausschnitt der Welt, genauer: einen zehnjährigen Jungen namens Ben. Mit Hilfe des altklugen und hinreißenden Jungen scheint sie einen Teil ihres alten Lebens zurückzubekommen. Und Bens großer Bruder Mason ist Sänger in Maggies Lieblingsband. Und ziemlich attraktiv. Doch er lässt sie abblitzen, weil er denkt, dass Maggie ihre Blindheit vortäuscht – was ja irgendwie stimmt. Dann kommt heraus, warum sie ausgerechnet Ben sehen kann.

Meine Meinung zum Buch: Ein Buch aus der Sicht einer Blinden zu schreiben. Die Idee fand ich absolut stark und so habe ich mich vor dem Lesen oft gefragt, wie es wohl sein wird, Alles, was ich sehe zu lesen. Wie wird es sein, komplett auf Landschafts- und Personenbeschreibungen zu verzichten, und gleichzeitig Maggies Gedanken zu folgen. Es war fantastisch. Maggie war mir sofort durch ihre Art absolut sympathisch und dadurch, dass sie plötzlich anfängt, den kleinen Jungen Ben zu sehen, bekommt man hin und wieder doch etwas aus der „Welt der Sehenden“ mit. Zwischen Maggie und Ben formt sich eine ganz ungewöhnliche und putzige Freundschaft, denn Ben ist sieben Jahre jünger, als Maggie.

Dann ist da noch Mason. Mason ist Bens großer Bruder und, wie es der Zufall so will, ist er der Sänger von Maggies Lieblingsband. So entstehen im Buch gleich mehrere Punkte, an denen der Leser immer wieder anknüpft. Einmal ist es der Versuch, mit der Blindheit zu leben und umzugehen, dann die Frage, wieso Maggie überhaupt Ben sehen kann und das ganze wird durch die Rockstar Love noch einmal mehr aufgewertet. Man ist sofort ins Buch gefesselt und will unbedingt wissen, wieso Maggie Ben plötzlich sehen kann. Diese kleine Abzweigung ins Phantastische wird auch erst zu einem späteren Zeitpunkt des Buches aufgeklärt und garantiert davor aber auch noch danach eine Menge Spannung und Aufregung.

Ich wurde sofort ans Buch gefesselt und wollte es gar nicht mehr zur Seite legen. Man meint nicht, dass Alles, was ich sehe, Marci Lyn Curtis erstes Werk ist, so eindrucksvoll, fesselnd und wortgewaltig ist es verfasst.

Die Protagonistin: Maggie ist schon nach den ersten Seiten eine meiner Lieblingsprotagonistinnen geworden. Ich weiß gar nicht, wann ich das letzte Mal ein Buch gelesen habe und sofort gewusst habe: Die ist genauso, wie du! Ich liebe Maggies Art und sehe mich in ihr einfach wieder. Ihre nicht immer positive und absolut mürrische Art, ihr Sinn für Humor aber auch ihre Liebenswürdigkeit passen die meiste Zeit über so treffend zu mir. Ich bin mir nicht sicher, ob sich jeder in ihr wiederfindet, aber ich glaube, das tun ganz viele. Maggie kämpft mit einem riesengroßen Problem: Ihrer Blindheit. Sie ist nicht von Geburt an blind sondern erst seit einem halben Jahr und hat damit schwer zu kämpfen. Sie möchte nicht akzeptieren, dass sie blind ist und wehrt sich mit allen Mitteln dagegen. Und genau in diesem Punkt wird auch die Entwicklung, die sie im Buch machen muss, deutlich.

Die Thematik: Das Leben meint es nicht immer gut mit uns. Ein einziger Tag kann es komplett verändern und das geschieht nicht immer zu unseren Gunsten. So war es auch bei Maggie der Fall, die von einem auf den anderen Tag blind wurde. Sie kann nicht mehr Fußball spielen, muss an eine andere Schule und überhaupt erst einmal lernen, blind zu sein. Noch dazu wissen weder ihre alten Freundinnen noch ihre Familie, wie sie mit ihr umgehen sollen und wenden sich von ihr ab oder packen sie in Watte. Auch Maggie selbst kann nicht akzeptieren, dass sie ihr ganzes Leben lang blind sein soll aber darin besteht doch gerade die Kunst oder? Lerne mit Veränderungen umzugehen und bleibe dabei trotzdem immer du selbst. Auch wenn du „dein Ding“ verlierst, wie Ben sagen würde. Du findest sicher ein neues. Davon erzählt Alles, was ich sehe eindrucksvoll.

Wieso dieses Buch ein Königskinder Buch ist: Ganz wundervoll berichtet Marci Lyn Curtis von dem Versuch Maggies, wieder die Alte zu werden. Dieser scheitert jedoch kläglich und sie muss an den neuen Gegebenheiten wachsen und sich vor allen Dingen mit ihnen abfinden. Dazu gehört eine ganze Menge Mut und Stärke und so ist Alles, was ich sehe nicht nur ein Buch, sondern ein starkes, wortgewaltiges Werk, das dem Königskinder Verlag alle Ehre macht.

Wieso es nicht in eurem Regal fehlen sollte: Sind wir mal ehrlich. Wie viele Bücher mit einer blinden Protagonistin habt ihr schon gelesen? Ich genau eins. Alles, was ich sehe. Sonst fällt mir spontan kein Buch ein und gerade deshalb ist es so spannend Maggies Welt als Blinde wahrzunehmen. Außerdem fesselt ihre Gedankenwelt so sehr, dass man das Buch einmal angefangen nicht mehr zur Seite legen will.

Fazit: Alles, was ich sehe konnte mich vollkommen fesseln. Eindrucksvoll und mit viel Charme von Marci Lyn Curtis geschrieben, erzählt es von dem Versuch Maggies, mit ihrer Blindheit zurechtzukommen. Maggie selbst ist die perfekte Protagonistin, mit der ich mich sehr gut identifizieren konnte und deren Geschichte direkt ins Herz geht. Ein tolles Debüt.

Über die Autorin: Marci Lyn Curtis wuchs in Nordkalifornien auf, wo sie Biologie studierte. Sie lebt mit ihrem Mann, ihren zwei Kindern und einem Dackel in Maryland. „Alles, was ich sehe“ ist ihr erster Roman.