Rezension

Wenn die Menschheit das Individuum ablegen und wie ein Insektenstaat leben würde...

Hellstroems Brut
von Frank Herbert

Bewertet mit 4 Sternen

Aus Hellstrøms Leitfaden: Unter den Milliarden Lebewesen auf Erden grübelt nur der Mensch über seine Existenz nach. Seine Fragen quälen ihn, denn er ist unfähig, zu akzeptieren, daß des Lebens einziger Zweck das Leben selbst ist. (...ist was dran...)

Inhalt:

Ungeachtet aller Menschen gelingt es der Brutmutter Trova Hellstrøm mit ihren Helfern in einem Tal im mittleren Westen Amerikas einen den Insekten ähnlichen Stock aufzubauen. In diesem haben die Menschen vorgegebene Aufgaben und sind schlicht funktional. Etwa hundert Jahre nachdem die Brutmutter den Stock erweiterte, geht durch eine Unachtsamkeit eines Stockbewohners der Fokus der 'Organisation' auf dieses Tal nahe der Stadt Fosterville. Die Unterlagen zu dem 'Projekt 40' lesen sich beängstigend für die geheimen Mächte der Welt. Was treibt Nils Hellstrøm, ein bekannter und angesehener Tierforscher und -filmer sowie Nachkomme von Trova, wirklich in diesem scheinbar ruhigen Tal? Die 'Organisation' beginnt zu Schnüffeln, bis die ersten Agenten verschwinden. Keiner kann ihnen sagen, was passiert, lediglich Hellstrøm und seine Leute könnten was wissen, doch diese halten sich bedeckt. Also erhöht die 'Organisation' den Druck - mit fatalen Folgen, denn der Stock reagiert auf sowas sehr radikal!

Meinung:

Der amerikanische Autor Frank Herbert ist durch seine Dune-Romane weltberühmt geworden und selbst in Deutschland gibt es zahlreiche Fans der 'Wüstenplanet'-Bücher. Aber der im Jahre 1986 verstorbene Schriftsteller hatte auch noch andere Fiktionen veröffentlicht, die ebenfalls einen wunderbaren Lesestoff bieten. In dem Roman 'Hellstrøms Brut' befasst er sich mit der Frage, ob es für die Menschheit langfristig nicht sinnvoller wäre, es den Insekten gleichzutun und sich wie diese in einem Stock oder Bau effektiv sowie relativ frei von Empfindungen und nur der Aufgabe für die Gemeinschaft dienend, zu organisieren. Angeregt wurde der Autor von dem Film 'Die Hellstrøm Chronik', in der der Entomologe Nils Hellstrøm die Insekten als die wahren Herrscher der Erde aufzeigt. Die Figur übernahm Herbert direkt und spinnte seine Ideen weiter. Zwar weitaus weniger ausufernd als ich vor dem Lesen angenommen hatte, entwickelt sich der Roman zu einem spannenden, psychologischen Duell zwischen dem Stock und der Organisation. Die Gedanken um eine gezielte Züchtung von Fähigkeiten dürften Lesern von Frank Herbert schon aus den Wüstenplantet-Romanen und der Schwesternschaft der Bene Gesserit vertraut  sein, hier bezieht es sich allerdings schon eher um weltliche Talente, die perfektioniert werden sollen. Aus heutiger Sicht mag nun die Frau an sich als 'Zuchtstute' etwas frauenfeindlich zu lesen sein (gerade unterstützt durch das leicht anrüchige Cover) - aber in der Insekten-Welt ist dies bei den weiblichen Vertreterinnen eben immer noch so. Beim Lesen einer Lektüre sollte man immer das Datum der Veröffentlichung berücksichtigen und das ist hier in dem Jahr 1972. 'Hellstrøms Brut' ist ein lesenswerter Roman mit einer leicht bedrückenden Atmosphäre, der zum Nachdenken anregt - die geheimen Mächte und ihre internen Ränkespielchen gibt es de Facto heute ebenso wie vor Jahrzehnten. Und ob eine andere Organisation der Menschheit nicht zielführender und nachhaltiger wäre - das ist eine Überlegung wert!

Fazit:

Düstere Fiktion um eine Insekten-gleich organisierte Menschengruppe, welche als Gefahr heraufbeschwört wird...

8,0 Sterne