Rezension

Wenn eine Flucht, der einzige Ausweg zu sein scheint

Niemand verschwindet einfach so - Catherine Lacey

Niemand verschwindet einfach so
von Catherine Lacey

~~Inhalt
Elyria lässt ihr gesamtes Leben hinter sich und fliegt mit einem One-Way-Ticket nach Neuseeland. In Neuseeland angekommen, lässt sie sich treiben und begibt sich in manch riskante Situation, ohne so wirklich zu wissen, wie sie ihr weiteres Leben gestalten möchte. Die Reise ist jedoch auch eine Reise in ihre Vergangenheit und gleichzeitig eine Flucht vor dem Tod der Schwester, dem schwierigen Verhältnis zu ihrer Mutter und in ihrer Ehe. Doch niemand kann einfach so verschwinden, denn egal wohin die Flucht ihn trägt, er nimmt sich immer mit …

Meine Meinung
"Niemand verschwindet einfach so" ist die Geschichte von Elyria, die einfach nur noch weg möchte. Aus ihrem Leben, aus ihrer Ehe, aus dem was in der Vergangenheit geschehen ist. Aber sie wäre wohl der erste Mensch, dem es gelingt zu fliehen und alles hinter sich zu lassen. Egal wohin wir gehen, wir nehmen unsere Sorgen und Probleme mit und so ist nicht verwunderlich, dass Elyria mit diesen auch im Verlauf ihrer Reise zu kämpfen hat.

Catherine Lacey hat ihre Protagonistin jedoch nicht ganz planlos in den Flieger steigen lassen. Nein, sie hat ein Ziel und möchte der Einladung von Werner folgen, der ihr die Anschrift seiner Farm auf einen Zettel gekritzelt hat, als er ihr in New York begegnet ist. Er hätte wohl nie gedacht, dass sie ihn besucht, lässt sie jedoch zunächst bei ihm wohnen, bis ihn ihre Traurigkeit förmlich erdrückt. Sie lässt sich danach ziellos treiben, lernt die unterschiedlichsten Menschen kennen, bei denen sie zeitweise Unterschlupf findet, aber auch immer wieder erkennen muss, dass sie sich nirgends zugehörig fühlt und fühlen möchte.

Genau das ist es auch, was dazu führt, dass das Buch keine leichte Kost ist. Wir begleiten durch Elyria eine schwer depressive junge Frau, die in ihrem Leben an einen Punkt gekommen ist, wo sie nur noch weg will und so nach und nach erkennt, dass sie niemanden für ihre Traurigkeit verantwortlich machen kann. Sie erkennt dies zwar, aber ich hatte bis zum Ende nicht das Gefühl, dass sie begriffen hat, dass sie und nur sie etwas daran ändern kann. Es gibt kein Happy  End, noch nicht einmal einen Hauch von Hoffnung auf Besserung, was einerseits zu der Geschichte passt, andererseits hätte mir zumindest ein kleiner Lichtblick gut gefallen. Dennoch kann ich verstehen, dass Catherine Lacey für ihr Debüt preisgekrönt worden ist, da sie eine ganz eigene und fast schon hypnotisch wirkende Erzählstimme besitzt.

Fazit
"Niemand verschwindet einfach so" ist ein Buch, welches einen sehr guten Einblick in das Seelenleben einer depressiven Frau gibt, aber den Leser auch fordert. Keine leichte Kost und sicher nichts für jedermann, aber dennoch so intensiv und anspruchsvoll geschrieben, dass ich nicht umhin komme 4 Sterne zu vergeben.