Rezension

Wer war Eliza Acton?

Miss Elizas englische Küche -

Miss Elizas englische Küche
von Annabel Abbs

Bewertet mit 3 Sternen

Elizabeth „Eliza“ Acton (1799 – 1859) ist eine Frau mit vielen Facetten. Sie selbst sieht sich als Lyrikerin, findet aber wie so viele Dichterinnen dieser Zeit niemanden, der ihre Gedichte drucken will. Als sie der Bankrott ihrer vermeintlich vermögenden Familie dazu zwingt, sich nach einem Broterwerb umzuschauen, scheint ihr das Angebot eines Verlegers ein gangbarer Ausweg. Er empfiehlt ihr, anstatt Gedichte ein Kochbuch zu schreiben. Aber wie kann sie diesen Vorschlag realisieren, hat sie doch noch nie einen Fuß in die Küche gesetzt? Kochbücher sind in diesen Zeiten kaum verfügbar, wenn doch, dann können sie kaum Hilfestellung bieten. Sie holt sich Unterstützung ins Haus, die junge Ann Kirby (Tochter einer dementen Mutter und eines beinamputierten Veteranen) soll sie als Küchenmädchen unterstützen. Eine höchst produktive Verbindung, aus der 1845 das Standardwerk „Modern Cookery for Private Families“ entsteht, der Vorläufer der Kochbücher, wie wir sie heute kennen, aber auch eine Freundschaft, die sich über alle Standesgrenzen hinweg setzt.

Die Autorin Annabel Abs hat bisher zwei Romanbiografien veröffentlicht, eine über James Joyce‘ Tochter Lucia, die andere über Frieda von Richthofen, die als Vorbild für Lady Chatterley diente, wobei sie für „The Joyce Girl“ wegen ihrer freien Interpretation der biografischen Daten heftig kritisiert wurde.

Der Blick in „Miss Elizas englische Küche“ scheint sich allerdings in der Tat überwiegend an den bekannten Eckdaten zu orientieren und gewährt einen interessanten Blick auf die Entstehungsgeschichte des ersten englischen Kochbuchs, das so ganz anders als seine Vorgänger daherkommt und noch heute vielen Kochbuchautorinnen als Vorbild dient: Die Beschreibung der Rezepte muss akribisch sein, mit einer kompletten Zutatenliste und korrekten Mengenangaben plus exakten Koch- und Backzeiten starten. Ganz so, wie wir es bis zum heutigen Tag aus unseren Kochbüchern gewohnt sind.

Alles in allem ein unterhaltsamer historischer Roman, der aber leider auch seine Schwächen hat. Zur Erinnerung, wir sind im viktorianischen England. Das erbärmliche Leben der Landbevölkerung wird bei Elizas Suche nach ihrer Gehilfin kurz angerissen, bleibt aber letztlich ohne persönliche Konsequenzen. Das Streben der beiden Frauen nach Unabhängigkeit wird im Wesentlichen durch die finanzielle Sicherheit verkörpert. Und dann soll mir noch einmal jemand erklären, wie Eliza, die keine Ahnung vom Kochen hat, sich in so kurzer Zeit mit sämtlichen Küchentechniken vertraut machen und die ausgefallensten Gerichte kreieren konnte. Das scheint mir dann doch reichlich unglaubwürdig, oder?