Rezension

Wie gerne wäre ich bei dieser Geschichte selbst dabei gewesen...

Stuart Horten - Lissa Evans

Stuart Horten
von Lissa Evans

Bewertet mit 5 Sternen

Story und Charaktere:

Der 10jährige für sein Alter viel zu kleine Stuart Horten hat es nicht leicht. Gerade beginnen die Sommerferien und seine Eltern stellen ihn vor vollendete Tatsachen - sie werden umziehen. Da seine Mutter einen Job angeboten bekommen hat, der über 100 Kilometer entfernt liegt und der Weg somit zu weit wäre, um ihn jeden Tag zu fahren, wird beschlossen, in die alte Heimatstadt seines Vaters zu ziehen, die zufällig in der Nähe des Krankenhauses liegt, wo Stuarts Mutter anfangen kann zu arbeiten. Klar, dass Stuart das so gar nicht gefällt.
Als sie jedoch dort ankommen, entwickelt sich sein Aufenthalt dort schnell zu einem Abenteuer. Stuart besucht mit seinem Vater zusammen das alte Haus, in dem sein Großonkel Kenny damals gewohnt hat. Es ist alt und vermodert und eigentlich hat Stuart auch noch nie wirklich etwas über seinen Onkel erfahren. Das ändert sich nun. Stuart erfährt, dass sein Großonkel ein Magier war, was ihn selbst mehr als begeistert. Damit fängt das Abenteuer an. In einer alten Geldschatulle die einen geheimen Mechanismus hat, findet Stuart eine Nachricht, sowie acht Threepenny-Stücke, die ihn auf eine spannende Reise durch Beeton schicken. Stuart soll mit diesen acht Münzen die alte Werkstatt seines Großonkels finden – ein Auftrag, der eigentlich an seinen Kreuzworträtsel schreibenden Vater gerichtet war, der sich aber nicht für Geheimnisse interessiert. Dummerweise muss Stuart bald feststellen, dass die Aufgabe gar nicht so einfach ist. Da ist nämlich noch jemand, der diese Räume unbedingt finden will. Wie soll er das alles bloß alleine schaffen?

Stuart Horten ist 10 Jahre alt, gerade nach Beeton gezogen und ein sehr mutiger kleiner Mann, der allen Wahrscheinlichkeiten zum Trotz das Unmögliche möglich machen will. Obwohl die alten Gebäude der Stadt zum Teil nicht mehr stehen und einige Hinweise somit nicht mehr an Ort und Stelle zu finden sind, gibt er nicht auf, das Rätsel zu lösen, das ihm sein Großonkel Kenny hinterlassen hat. Während Stuart durch die kleine Stadt streift, hier und da in Schwierigkeiten gerät, gegenüber seinen Eltern, besonders seinem Vater, immer wieder Notlügen erfinden muss und auch noch die drei neugierigen Nachbarsdrillinge am Hals hat, fiebert man die ganze Zeit mit ihm mit. Dass Stuart 10 Jahre alt ist, nimmt man ihm ohne weiteres ab. Obwohl er oft sehr durchdacht wirkt, ist er doch auch überaus naiv, sodass seine Handlungen eben nicht wie die eines jungen Erwachsenen oder Erwachsenen anmuten, sondern wie die eines Jungen, der ein fantastisches Ziel verfolgt. Stuart ist auch der Charakter, der am besten ausgearbeitet wurde. Selbst seine Eltern scheinen eher als Nebencharaktere zu fungieren, während sein verschwundener Großonkel weiter im Vordergrund auftaucht, ohne selbst zu agieren. Doch sind es seine Hinweise denen wir folgen, was erklärt, warum dies von Lissa Evans so gehandhabt wurde.
Natürlich bleibt Stuart bei seinem Abenteuer nicht alleine. Er erhält auf der einen Seite Unterstützung, hat aber auf der anderen Seite auch Widersacher, die ihm ständig dazwischenfunken wollen. Gerade bei einer der „Helferfiguren“, ich möchte nicht zu viel verraten und behalte deshalb den Namen für mich, ist ein toller Charakterwandel zu erkennen, den ich mir anfangs beim besten Willen nicht hätte vorstellen können. Ein gelungener Schachzug der Autorin, der mir sehr gefallen hat und der eine tolle Botschaft transportiert.

Stuarts Widersacher, werden ziemlich einfach umrissen, doch geht aus dem, was wir erfahren, ganz klar hervor, mit welcher Art von Charakteren wir es hier zu tun haben. Die gerissene, machthungrige Jeannie, die schon die klingelnde Kasse vor ihrem geistigen Auge sieht und der dümmliche Clifford, dem ständig eine weiße Taube über dem Kopf kreist, sind mit wenigen, aber effizienten Eigenschaften ausgestattet worden, die es dem jungen Leser sehr einfach machen, diese einzuschätzen.
Stuarts Eltern sind zwei lockere Charaktere, die ein bisschen in ihrer eigenen Welt leben. Stuarts Mutter ist den ganzen Tag auf der Arbeit, sodass er mit seinem Vater alleine zuhause bleibt. Dieser schreibt von Berufs wegen Kreuzworträtsel und spricht meistens in sehr konfus anmutenden Sätzen, die dem jungen Leser sicherlich Fragezeichen über die Köpfe zaubern wird. Aber das ist hier auch so gewollt, geht es Stuart doch ganz genauso, wenn er mit seinem Vater spricht. Stuarts Vater ist in Gedanken immer so sehr mit neuen Wörtern für die Rätsel beschäftigt, dass er nichts dagegen hat, wenn Stuart sich den ganzen Tag draußen herumtreibt. So hat Stuart freie Hand und kann die Sommerferien in Beeton nun doch in vollen und vor allem aufregenden Zügen genießen.

Was mir besonders gefallen hat:

Die 31 Kapitel im Buch sind jeweils recht kurz gehalten und in einer einfachen Sprache mit kurzen Sätzen verfasst worden. Die Schrift ist relativ groß und somit genau richtig für das empfohlene Lesealter von 10 Jahren. Zusammen mit der Charaktergestaltung wurden hier ideale Lesevoraussetzungen für dieses Alter geschaffen. Da der Hauptprotagonist männlich ist, ist es vor allem für Jungs in diesem Altersbereich sehr interessant. Das soll natürlich nicht heißen, dass Mädchen nicht ebenfalls ihren Spaß daran hätten. Schließlich gibt es da die nicht ganz unwichtigen und vor allem aufdringlichen Drillinge von nebenan und die sind weiblich.
Stuart, der sich auf Grund seiner Größe scheinbar immer wieder mit dem Spitznamen „Shorty“ herumärgern muss, beweist in diesem Buch, dass Größe wirklich nicht alles ist und das vor allem die Kleinen ganz groß sein können. Auf ganz einfache Art, werden hier Themen wie Vertrauen, Freundschaft und die Kraft von kleinen Dingen mit großer Wirkung eingewoben, die der Leser wohl jeder auf seine Art und Weise aus dem Text mitnehmen wird. Was mir besonders gefällt ist, dass wir es hier mit einem Buch zu tun haben, das es tatsächlich schafft, ein gewaltfreies, wenn auch trotzdem nicht ungefährliches Abenteuer zu schaffen, das man seinem Kind getrost in die Hand geben kann, ohne sich Sorgen machen zu müssen, mit welchen Bildern es nachts ins Bett geht. Es ist wirklich einfach ein tolles, auf das Lesealter abgestimmtes Abenteuer, das ich für sehr empfehlenswert halte.

Was mir nicht so gut gefallen hat:

Nachdem das Buch über so viele Kapitel hinweg auf ganz realistische Art und Weise ein magisches Abenteuer geliefert hat, muss ich wieder einmal das Ende als Kritikpunkt erwähnen, da es für mich als Auflösung des Ganzen nicht ganz passend schien. Da ich keinen Spoiler setzen möchte, nur so viel: es ist ein magisches Ende in einer realistisch anmutenden Geschichte. Wieder eine Sache, die ich nicht mit in die Wertung einbeziehen werde, da dies für mich unter "Geschmackssache" fällt.

Gestaltung:

Obwohl farblich in cremefarben und schwarz gehalten, hat mich das Cover des Buches dazu gebracht, es in die Hand zu nehmen. Der kleine Junge, der vor einem Vorhang steht, auf eine Münze blickt und man als Betrachter die Uhr mit den Zahnrädern sehen kann – das hat mich sofort in den Bann gezogen. Auch hier kann ich nach dem Buch wieder sagen: Es ist tatsächlich perfekt auf die Geschichte abgestimmt. Wer das Buch gelesen hat und anschließend noch einmal einen Blick aufs Cover wirft, das einen vielleicht vorerst fragend zurücklässt, da man es mit dem Klappentext nicht ganz in Einklang bringen kann, wird einen Aha-Moment erleben. Das hat mir außerordentlich gut gefallen.

Wertung:

Da mich die Art und Weise, wie die einzelnen Charaktere dargestellt werden, Form und Ausführung des Textes, sowie die Gestaltung rundum zufrieden gemacht haben, gebe ich für diesen ersten Band der Reihe sehr gerne 5 Lila-Lesesterne und eine klare Leseempfehlung.