Rezension

Wiegenlied

Wiegenlied - Kerstin Cantz

Wiegenlied
von Kerstin Cantz

Bewertet mit 4 Sternen

Inhalt
Fast 30 Jahre sind vergangen. Gesa, die ehemals unauffällige Hebammenschülerin, ist mittlerweile die Frau von Doktor Heuser. Die beiden haben zwei erwachsene Töchter, Helene und Elsa. Doch obwohl die Schwestern sich lieben und schätzen, desto unterschiedlich sind sie auch. Elsa, die ältere, hat ihr Talent in der Schauspielerei gefunden. Zwischenzeitlich spielt sie sogar am Hof des preußischen Königs und hat sich in Berlin mit ihrer Kunst einen Namen gemacht. Dagegen trat Helene in die Fußstapfen ihrer Mutter, doch nur Hebamme zu sein reicht ihr nicht. Als ihr Vater gebeten wird, eine Professorenstelle an der Berliner Universität anzutreten, wittert sie ihre Chance, selbst Medizin studieren zu können. Trotz einiger Widersacher, die es undenkbar finden, eine Frau der Universität zuzulassen, wird Helene zukünftig privat unterrichtet und darf der universitären Ausbildung beiwohnen. Doch zunächst muss sich Helene mit einer ganz anderen Sache beschäftigen: ihre Schwester scheint unverheiratet schwanger geworden zu sein. Sie bittet ihre Schwester um Hilfe. Doch Elsa soll nicht die Einzige bleiben, die mit einem ungewollten Kind schwanger ist und dieses auf keinen Fall bekommen möchte. Doch Helenes unbekannte Patientin verbirgt ihre Identität und nach kurzer Zeit wird auch klar, warum...

Cover
Auch beim dritten Buch von Kerstin Cantz zeigt sich wieder ein gedecktes Cover, welches zwar einen Hinweis auf den Inhalt des Buches gibt, ohne aber konkreter zu werden. Wie schon bei den beiden letzten Büchern finde ich das Cover für einen historischen Roman ganz gut. Man sieht eigentlich sofort, um welches Genre es sich handelt. Allerdings fand ich dieses Mal den Titel irgendwie so nichtssagend. Außerdem kommt mal wieder mein ewiger Meckerpunkt zum Tragen: keinerlei Anzeichen (weder im Cover, noch im Klappentext) darauf, dass es sich bei "Wiegenlied" um die Fortsetzung zu "Die Hebamme" handelt. Wie ich so etwas hasse...

Das hat mir gefallen
Nun hatte ich also die Fortsetzung zu "Die Hebamme" vor mir, von der ich nicht mal wusste, dass es eine Fortsetzung ist. Dabei muss ich allerdings dem Buch zugute halten, dass man das Buch auch gut lesen kann, ohne die Vorgeschichte zu kennen. Aber so nen Fanatiker, wie mich, stört sowas natürlich. Allerdings ist es Kerstin Cantz gelungen, die Geschichte zwar miteinander zu verbinden, und trotzdem zwei eigenständige Romane zu schaffen. Die Geschichte besteht aus mehreren Handlungssträngen, die alle irgendwie miteinander verbunden sind. Dabei dreht sich die Story nicht nur, um die Schwestern Elsa und Helene, sondern auch um das medizinische Problem des Kindbettfiebers und um eine Person, die eigenwillig Abtreibungen bei Prostituierten vornimmt. Allerdings scheint der "Engelmacher", wie der Täter schnell genannt wird, zwar medizinische Kenntnisse zu haben, allerdings nicht ausreichende für ein solches Unterfangen. Die meisten seiner Opfer sterben. Wie schon in den Vorgängerbüchern zeichnet sich auch dieses durch eine Vielzahl von Charakteren aus. Doch dieses Mal fand ich die ganze Sache nicht so verwirrend wie es mir beispielsweise mit "Die Schmetterlingsjägerin" ging. Das lag eventuell auch am Schreibstil. Dieser ist zwar immernoch sehr anspruchsvoll und muss konzentriert gelesen werden, trotzdem tat ich mir dieses Mal leichter. Ob das jetzt am wirklich leichteren Schreibstil lag oder daran, dass ich mich nun endlich eingelesen hatte, kann ich nicht sagen. Die Ausgestaltung der Charaktere hat meiner Meinung nach die richtige Gewichtung erfahren. Elsa und Helene stehen zweifellos im Mittelpunkt des Geschehens und wurden auch ausreichend tief dargestellt. Die beiden Schwestern sind zwar absolut unterschiedlich in ihrem Charakter und ihren Zielen, aber haben doch eine tiefe Verbindung. Je unbeutender die Randfiguren wurden, desto weniger Darstellung haben sie erfahren. Für mich eine gut durchdachte Umsetzung. Schließlich hab ich mich nicht einmal gelangweilt gefühlt. Die Geschichte schreitet zwar nicht in einem wahnsinns Tempo voran, aber es passiert eigentlich immer etwas. Bei "Die Schmetterlingsjägerin" waren wirklich seitenweise Ausführungen dabei, bei denen gar nichts passierte und etwas langwierig wurde. Diesen Fehler hat Frau Cantz dieses Mal nicht gemacht.

Das hat mir nicht gefallen
An sich hat mir die Geschichte und ihre Umsetzung gut gefallen und ich habe mich gut unterhalten gefühlt. Etwas gestört hat mich allerdings das Ende. Es kam so hoppla hopp, von jetzt auf gleich. Dabei war die Idee, mit welcher das Ende eingeleitet wurde, wirklich gut. Mit einer solchen Wendung hatte ich auch ehrlich gesagt gar nicht gerechnet und daher hätte ich mir gewünscht, dass es ein wenig mehr ausgestaltet worden wäre. Schade eigentlich, da es damit hätte wirklich richtig spannend werden können. Außerdem hatte ich auch dieses Mal wieder den Umstand, dass nachher noch Fragen offen blieben und ich wieder nicht weiß, ob mir das in Cantzs komplizierten Schreibstil irgendwie durch die Lappen gegangen ist oder ob die Antworten wirklich nicht kamen. Beispielsweise heiratet Helene am Schluss den schottischen Arzt, mit dem sie angebandelt hatte. Aber der war doch anscheinend schon verheiratet... Wie geht das denn?

Fazit
"Wiegenlied" ist wieder ein solider historischer Roman aus der Feder von Kerstin Cantz, bei der sie die Fehler, welche mir vor allem bei "Die Schmetterlingsjägerin" aufgefallen sind, größtenteils ausmerzt. Hinsichtlich des Ende des Buches hatte ich aber das Gefühl, dass sie sich manchmal selbst im Wege steht. Trotzdem hat sie einen spannenden Roman geschaffen, der von Krimielementen über eine Liebesgeschichte alles abdeckt. Histo-Fans werden mit Cantz Büchern auf ihre Kosten kommen.