Rezension

Witz, Chaos, Liebe

Lost in Ridge Valley -

Lost in Ridge Valley
von Erin J. Steen

Bewertet mit 5 Sternen

Inhalt/Meinung

Als die Autorin auf Instagram Vorableser_Innen suchte, war ich vom Klappentext sofort begeistert und bewarb mich um ein Exemplar. Und es hat geklappt! Vielen Dank an dieser Stelle nochmal!
Ich tauchte in die Welt von Tara Delaware ein, deren Gedankenhaushalt ich sehr interessant fand. Aber fangen wir am besten am Anfang an, oder? Nicht, dass wir noch irgendwo verloren gehen…
Tara Delaware ist eine junge, selbstbewusste Frau, die genau weiß, was sie will. Sie hat einen Plan von ihrem Leben: vor dem 30. Geburtstag heiraten, Kinder, ein schickes Haus, der Mann geht Arbeiten, sie kümmert sich um alles andere. So gut, so fast erreicht, denkt Tara. Denn ihr Freund, mit dem sie sich genau diesen Plan ausgemalt hat, hat etwas geplant. Einen romantischen Abend! Natürlich schließt das einen Heiratsantrag mit ein! Tara ist ganz hin und weg und weiß vor Aufregung gar nicht wohin mit all den Gefühlen. Auch wenn ihr einiges komisch vorkommt, redet Tara sich all die Merkwürdigkeiten schön und wartet auf ihren Einsatz. „Ja“ sagen kann ja nicht so schwer sein, oder?
Tja nun, sagen wir einfach, dass Tara ihr Leben ohne das Schicksal geplant hat und das hat eindeutig etwas anderes mit ihr vor. Es reicht nicht, dass privat großes Drama ansteht. Nein, ihr Arbeitsplatz bei einer Versicherungsgesellschaft scheint gefährdet. Es sei denn, sie geht für einige Zeit nach Australien, genauer gesagt, nach Ridge Valley. Dort gibt es eine Filiale, die sie übernommen soll. Klingt im Grunde nicht schlecht und ehe Tara sich selbst einmal umblicken kann, steht sie in Ridge Valley und hat ihr altes Leben komplett hinter sich gelassen. Ehe sie wirklich realisiert, was sie da getan hat, sinkt sie mit ihren High Heels in den roten Sand, isst fettige Sachen und schläft über einem Pub.

Den Weg, den Tara am Anfang hinter sich bringen muss, fand ich persönlich sehr unterhaltsam. Sie versucht ganz lange noch überall irgendwelche Möglichkeiten zu sehen, aber außer Australien ist da nicht mehr viel. Und auch da ist nicht viel. Tara kommt schnell und hart auf dem Boden der Realität an, denn es gibt keine schicken Partys oder hübsche Männer, denen sie den Kopf verdrehen kann. Es gibt Sand, Hitze, Dreck und Leute, die viel zu neugierig sind.
Tara hat Erwartungen gehabt und die sind ganz schnell zerschlagen worden. Und darüber kommt sie lange nicht hinweg.
Ich mochte Tara, denn obwohl ihre Lebensplanung für mich seltsam war, liebte ich es, mit ihr ihren Weg zu gehen. Am Ende wird sie zu der Frau, die sie sein kann und merkt, dass ein gutes Leben nicht an einen Mann gebunden ist. Sie ist stark, witzig, clever und kann alles erreichen, wenn sie sich nur traut!
Der Mann, der sie zur Weißglut treibt, heißt Jack. Jack ist ein kleiner Wilder, als sie zum ersten Mal aufeinandertreffen und durch eine Verkettung unglücklicher Ereignisse sind die beiden einige Wochen aneinandergebunden. Unfreiwillig und doch passt es irgendwie gerade. Tara braucht einen Schlafplatz und Jack… ja, was Jack eigentlich braucht, dass wird im Grunde erst sehr viel später klar und eigentlich geht es Vordergründig auch nicht um ihn (obwohl er wirklich sehr interessant war! Sehr sehr interessant!)

Jack und Tara reizen sich gegenseitig so lange, bis es gewaltig knallt. Die beiden zusammen sind wirklich *hier überlegt Tilly 5 Minunten nach dem perfekten Wort* schön, perfekt, witzig, nervenaufreibend… Ich könnte noch ein paar weitere Adjektive aufzählen. Ganz oft hatte ich das Bedürfnis, die beiden schütteln zu wollen, damit sie vernünftig werden, aber bis es soweit war, stritten sie sich schon leidenschaftlich.
Was alle beiden aber nicht merkten, was zwischen den Zeilen geschah und mich richtig in die Geschichte zog, war der Kontext. Die beiden brauchten sich, sahen es aber nicht. Sie lernten voneinander und gerade Tara brauchte diese Sicht auf die Dinge, die sie durch Jack bekam. Tara lernt so viel in Australien und entwickelt sich echt weiter. Ich mochte ihren Weg von Anfang an, bis zum Ende, denn auch wenn sie am Boden lag, stand Tara immer wieder auf und kämpfte. Sie war eine starke Frau und das gefiel mir!
Manche Gefühle entwickeln sich langsam und am Anfang merkt man sie gar nichts. Sie sind da, piksen manchmal ein wenig, aber man kann sie gut ignorieren, denn man rechnet nicht mit ihnen. „Lost in Ridge Valley“ ist durchdrungen von solchen Gefühlen, die solange Nerven, bis sie ausbrechen können. Dann kann sie niemand zurückhalten. Genauso ging es mir auch. Ich fieberte mit Tara mit. Lachte, war genervt oder enttäuscht. Und gegen Ende heulte ich wie blöde, einfach weil es so traurig, so schön und so viel war, dass ich nicht verarbeiten konnte.
Am Ende sind es immer die Erwartungen, die die aktuelle Situation schlimm oder schön machen. Und vielleicht sollten wir alle viel weniger Erwartungen haben, damit die Dinge nicht kompliziert werden. Sondern einfach mal annehmen, was gerade passiert.

Fazit

„Lost in Ridge Valley“ war nicht das, was ich erwartet hatte. Es war viel mehr. Witz, Chaos, Liebe, Erwartungen, Enttäuschungen und am Ende ganz viel Tränen. Einmal angefangen kam ich aus Ridge Valley nicht mehr raus und sog die Geschichte in mich hinein, wie trockener Boden den Regen. Tara und Jack waren wie Hund und Katze und dann doch wieder nicht. Liebe und Leben findet man nicht immer da, wo man sie sucht. Manchmal findet man sie an Orten, an denen man sie nie vermutet hätte.