Rezension

Wunderkind im Perspektivendschungel

Dunkle Götter - Das Erwachen - Michael G. Manning

Dunkle Götter - Das Erwachen
von Michael G. Manning

Bewertet mit 3 Sternen

Der junge Mordecai wächst als Sohn eines Hufschmieds und guter Freund des gleichaltrigen Adeligen Marcus auf. Sein Leben erfährt eine entscheidende Wendung, als er ein ertrinkendes Pferd rettet - mit Hilfe von Magie. Auf der Burg seines Freundes findet er Zuflucht in einer Reihe wohlversteckter Bücher, aus denen er die Grundlagen seiner Begabung erfährt, einer übersinnlichen Tradition, deren Vertreter geächtet wurden. Mort - so der Kurzname des Helden - erweist sich als außerordentliches Talent und beherrscht bald einfache Zauberei. Nicht zu früh, bringt er doch den ebenfalls auf der Burg verweilenden Devon gegen sich auf. Dieser trägt sich mit unredlichen Absichten, um jeden Preis will er den Thron erlangen, wenn es sein muß, auch mit Hilfe dunkler Mächter. Und jeder, der ihm dabei im Wege steht, wird zum Ziel seines Hasses.

Jedem der 21 Kapitel ist ein etwa einseitiges Zitat aus einer magischen Chronik unbekannten Alters vorangestellt, verfaßt von einem Marcus, dem Ketzer. Innerhalb der einzelnen Abschnitte kokettiert Autor Michael Manning mit dem Wechsel unterschiedlicher Perspektiven: Während ein Gutteil des Romans in der ersten Person aus der Sicht der Hauptfigur erzählt ist, erfolgt die Schilderung an vielen Stellen auch in auktorialer Perspektive. Dies geschieht einerseits, um Ereignisse außerhalb der Wahrnehmung Mordecais wiederzugeben, andererseits, um einen Blick von außen auf diesen zu ermöglichen.

Gerade der erwähnte Perspektivenwechsel wirkt stark irritierend. Wird in den ersten Kapiteln noch in der ersten Person aus der Sicht des Helden erzählt, wird der Autor in Kapitel 6 inkonsequent und verlagert den Blick hin zur Außensicht auf andere Figuren. Dies mag unter anderen Voraussetzungen als Stilmittel gelten, erweckt hier jedoch den Eindruck unzureichender Planung. Nicht nur, daß dem Leser Aufmerksamkeit abverlangt wird, sich auf die Veränderung in der Wahrnehmung der Handlung einzustellen, diese Technik relativiert auch fundamental die Position des Ich-Erzählers. Mit dem Erzähler von außen kommt eine neue Instanz hinzu, deren Herkunft und Identität von einem aufmerksamen Leser natürlich hinterfragt wird. Wie eine solche Vermischung von Perspektiven durchaus gelingen kann, zeigt etwa Patrick Rothfuss in seinem epischen Werk "Der Name des Windes", in dem die Hauptfigur in Form eines ausführlichen Berichts die eigentliche Handlung in erster Person vorträgt. Eingefaßt sind diese Erinnerungen in eine in dritter Person verfaßte Rahmehandlung, die dem Autor auch die Sicht von außen auf den Protagonisten ermöglicht. Ein weiteres Detail, das als stilistische Unsicherheit gewertet werden kann, besteht darin, daß der Leser an einer Stelle direkt vom Erzähler angesprochen wird, um die Situation zu illustrieren.

Michael Manning bedient sich in seinem Roman des bekannten Topos des Kindes von adliger Abstammung, das, von seinen leiblichen Eltern getrennt, unter einfachen Verhältnissen aufwächst, um im Verlauf der Geschichte von seiner Bestimmung zu höheren Weihen zu erfahren und damit verbundenen Aufgaben nach einem Lernprozeß sukzessive gerecht zu werden. Wie in anderen populärkulturellen Ausgestaltungen dieses Topos wie etwa Star Wars oder Harry Potter ist dabei eine höhere Macht im Spiel, in welcher der Protagonist unterwiesen wird. Wo jedoch üblicherweise ein weiser Lehrmeister auftritt, der in erster Linie dazu mahnt, diese verantwortungsvoll zu nutzen, erweist sich Mordecai Eldridge als extrem talentierter Autodidakt. Sein Wissen eignet er sich aus Büchern an, ohne größere Schwierigkeiten gelingen ihm einfache Zaubersprüche bis hin zur Fähigkeit, innere Verletzungen nach einem Unfall zu heilen. Diese Reibungslosigkeit wird in der Geschichte durch die Abstammung von einem Magiergeschlecht erklärt, jedoch stellt die geschilderte Einfachheit in der Aneignung die (vom Autor gewiß intendierte) Tiefe dieser Macht an sich infrage. Zum anderen wirkt dabei der Weg des Helden weniger beschwerlich, was seinen Triumphen viel von ihrem Glanz nimmt.

Fazit:
"Dunke Götter - das Erwachen" ist eine Coming of Age-Geschichte in einer phantastischen Welt, die zwar altbekannten Mustern folgt, durch die sorgfältig aufgebauten Spannungen zwischen den Figuren dennoch fasziniert und den Leser in ihren Bann zieht. Sprachliche Unsicherheiten und ausbaufähige Komplexität trüben jedoch zuweilen das Lesevergnügen.