Rezension

zeitgenössisch schneller Thriller, mit interessanten Figuren und einem lesenswerten Plot

Der Morgen
von Marc Raabe

Marc Raabe schickt sein neues Ermittler Duo Mayer & Tschaikowski ins Rennen

Marc Raabe ist wieder in Bestform! Nach seiner sehr beliebten Tom-Babylon-Reihe, zeigt er erneut sein Können mit dem Start seiner neusten Thriller-Reihe.

Im Mittelpunkt von „Der Morgen“ steht der erfahrene, allerdings etwas eigenwillige Ermittler Art Mayer. Ihm zur Seite wird die noch unerfahrene, aber sehr ehrgeizige Kommissar-Anwärterin Nele Tschaikowski gestellt.
Gemeinsam versuchen sie eine Reihe von Morden aufzuklären, die alle auf den Bundeskanzler hinweisen. Die Ermittlungen in diesen Kreisen zeigen sich als besonders komplex, wie sensibel. Hierbei drückt die Zeit, die Medien, ebenso wie der ein oder andere persönliche Konflikt der Hauptfiguren. So muss sich Art alten Verbindungen aus seiner Vergangenheit stellen und Nele den aktuellen Problemen ihres Privatlebens.
Innerhalb der Geschichte versucht der Autor auch eher unsympathischen (Rand-) Figuren weitere Facetten zu geben, damit eben nicht alles immer nur schwarz/weiß ist.
Er geht geschickt auf den Widerspruch zwischen Loyalität und Integrität ein. Lässt hierbei seine Figuren hadern, was sie umso glaubhafter macht.
Es wird immer wieder die Frage nach den Berufsethos aufgeworfen: Wie weit sollte man gehen oder vielmehr, was darf man tun um seine Werte oder Freunde zu schützen?

Die Geschichte springt Kapitelweise immer wieder zwischen Vergangenheit und Gegenwart. Marc Raabe schafft es scheinbar mühelos die verschiedenen Geschichtsstränge miteinander zu verweben, ferner die Spannung konstant hochzuhalten, sodass man jeden Strang gerne weiterverfolgt.

Als kleiner Wermutstropfen bleibt, dass trotz allen genderns und sicherlich gut gemeinten aktuellem Zeitgeist, der Autor in der typischen Komfortzone verharrt.
Art Mayer, ist als Figur der klassische, eher wortkarge, einsame Wolf, der nicht immer nach den gängigen Regeln spielt.
Sein Gegengewicht soll, seine übereifrige Kollegin Nele Tschaikowski sein, die sich zu Anfang ganz auf ihre Ausbildung verlässt, dabei aber auch über ihren eigenen Enthusiasmus stolpert und erst ihren Weg finden muss.
Das mildert das Lesevergnügen keineswegs, das Rad erfindet er jedoch damit auch nicht neu.

Sprachlich und Stil technisch bedient sich der Autor einer sehr modernen ebenso zeitgenössischen Sprache. Gleichermaßen nutzt er ein Setting, welches elegant Themen wie Corona, Klimakrise, Fake News oder das Gendern einbindet, ohne dabei gestellt zu wirken.
Die Erzähltechnik ist wie gewohnt sehr gut.
Es ist ein rasanter, im gleichem Maßen psychologischer Thriller, bei welchem man fast unweigerlich ein Kopfkino entwickelt.
Dadurch gleiten, die doch nicht unerheblichen 588 Seiten nur so dahin.

Ich freue mich jetzt schon auf die Fortsetzung der Reihe und kann es kaum erwarten die Ermittlungen mit Art & Nele wieder aufzunehmen!