Rezension

Zwei Schwestern halten zusammen.

Die andere Seite des Himmels - Jeannette Walls

Die andere Seite des Himmels
von Jeannette Walls

Bewertet mit 4 Sternen

Kalifornien, 1970: Die Schwestern Liz und Bean (Spitzname für Jean) haben es nicht leicht mit ihrer Mutter, auch wenn diese die Mädchen sehr liebt. Die verhinderte Sängerin flüchtet vor Problemen stets durch einen Umzug und lässt ihre 15- und 12-Jahre alten Töchter schon mal für ein paar Tage allein, um sich ihrer Karriere zu widmen.
Als aus Tagen diesmal Wochen werden und die Polizei auf die Situation aufmerksam wird, hauen die Schwestern ab. Nach Byler, dem Provinzstädtchen in Virginia, aus dem ihre Mutter stammt. Dort lebt noch ihr Onkel Tinsley in der heruntergekommenen Familienvilla, ein verschrobener Einsiedler mit Hang zum Messie. Die intelligente Liz und die kesse Bean stellen nicht nur das Leben ihres Onkels auf den Kopf, sondern auch das der anderen Bewohner in dem erzkonservativen Städtchen. Obendrein bringt die per Gesetz verordnete Rassenintegration Unruhe nach Byler. Bean lernt die Familie ihres Vaters kennen und die Schwestern verdienen sich etwas Geld, in dem sie für Jerry Maddox, den mächtigsten Mann der Stadt arbeiten. Doch dies stellt sich leider als gefährlich heraus und Zusammenhalt und Ideale der beiden Mädchen werden auf eine harte Probe gestellt.

Jeannette Walls toller Schreibstil machte einen Einstieg in die Handlung sehr leicht und ließ mich das Buch mühelos durchlesen.  Die Erzählerin Bean war ein unglaublich toller Charakter: nicht auf den Mund gefallen, couragiert und bereit, für ihre Meinung zu kämpfen. Vieles an ihr erinnert mich an die „Scout“ aus „Wer die Nachtigall stört“, von der Autorin auch selbst im Buch erwähnt. Auch andere Parallelen zu Harper Lees Buch lassen sich finden: eine konservative Gemeinde, die an der Rassentrennung festhalten will oder ein Prozess. Der Aufbruch, in dem das restliche Land steckt und in dessen Geist Liz und Bean von ihrer Mutter erzogen wurden, ist noch nicht bis nach Byler durchgekommen. Jeannette Walls hat die Stimmung zwischen den beiden Fronten gut eingefangen.
Auch der Zusammenhalt der Schwestern ist ein wichtiges Element im Buch, da sie sich nicht auf ihre Mutter verlassen können.
Insgesamt eine schöne Geschichte über Familienzusammenhalt, Freiheit des eigenen Willens und Kampf gegen Bevormundung. Ich könnte mir die Handlung gut durch einen Film wiedergegeben vorstellen.
Weniger gelungen fand ich die Voraussehbarkeit bei einigen Dingen, bedingt durch die einseitige Aufteilung der Charaktere in Gut-Böse. Die Ereignisse gegen Ende sind alle sehr gerafft beschrieben und es ist fast alles zum Guten gewendet, wodurch mir das Ende etwas zu trivial war.
Nichtsdestotrotz gute vier Sterne.
Dies ist mein erster Roman von Jeannette Walls, ich werde ihre beiden ersten eher autobiografischen Werke definitiv auch noch lesen.