Rezension

Als Brooklyn noch Breukelen hieß...

Neu-York - Francis Spufford

Neu-York
von Francis Spufford

Bewertet mit 4 Sternen

.... und Nachrichten aus der alten Welt noch mit dem Segelschiff überbracht wurden, landet der junge Brite Smith am 01. November 1746 in der aufstrebenden Kolonie Neu-York. Sein erster Besuch gilt dem Hause Lovell, einer angesehenen Kaufmannsfamilie. Hier legt der Neuankömmling einen Wechsel über tausend Pfund vor und bringt damit nicht nur die Handelsleute ins Schwitzen, sondern sorgt mit seinem Auftreten auch bei allen anderen für Aufmerksamkeit und Unruhe. Soviel Bargeld, umgerechnet fast 1800 Neu-Yorker Dollar, ist in so kurzer Zeit kaum aufzutreiben, zumal die Zucker- und Sklavengeschäfte gerade in ihre Winterpause gehen.
Die Neu-Yorker Gesellschaft ist neugierig und immer an guten Geschäften interessiert. Dumm nur, dass der junge Herr sich mit keiner Silbe zu seinen Vorhaben äußert. Die Garantien für die Echtheit des Wechsels aus Übersee verspäten sich, das Misstrauen wächst und Smith gerät in ernste Schwierigkeiten.

Vom umworbenen Gast, zum miesen Betrüger, vom abgewiesenen Liebhaber zum Ehebrecher, vom Kerker zum besten Hotel am Platze, die Bilder unseres Unbekannten und Kulissen seines abwartenden Müßiggangs reichen sich im rasenden Wechsel die Hand. Bis zum Schluss weiß selbst der Leser nicht, was Smiths Absicht ist.

Eine kurzweilige, spannungsreiche Lektüre, mit einer ausgesprochen schönen, bildreichen Sprache und ein New-York, dass ich aus dieser Perspektive noch nicht kannte. Francis Spufford, bekannt für seine erzählenden Sachbücher, zeigt hier, dass auch Prosa in vielfacher Hinsicht lehrreich sein kann.

Kommentare

wandagreen kommentierte am 24. Juli 2024 um 07:59

Gabs den Kerl oder ist er erfunden?

Emswashed kommentierte am 24. Juli 2024 um 09:37

Der ist erfunden, die Stadt und ihr Sittengemälde nicht. Am meisten hat mir hier Spuffords Sprache gefallen und wie "der Erzähler" sich an sein Lesepublikum wendet.