Rezension

Ein offenes und ehrliches Plädoyer für eine andere Art der Liebe.

Co-Fucking -

Co-Fucking
von Anna Weiss

Bewertet mit 4.5 Sternen

Bekannte Beziehungsstrukturen neu gedacht.

Angezogen durch das schreiend pinke Cover bin ich auf „Co-Fucking“ gestoßen. Darin beschreibt die Autorin Anna Weiss, wie sie nach 20 Jahren monogamer Ehe mit ihrem Mann Alex diese neu gestaltet.

Anna und Alex sind auf den ersten Blick ein glückliches Paar, nach Jahren ist die Ehe allerdings etwas eingefahren. Der Sex bleibt immer mehr aus und gerät, wenn er doch stattfindet, eher zur Monotonie als zum lustvollen Spiel. Hinzukommt das Alex bisexuell ist. Diese Seite an sich hat er jahrelang immer unterdrückt. Nun möchte er sie aber gerne erforschen. Sein Problem dabei, er möchte Anna nicht hintergehen. So fragt er sie, ob sie über eine offene Beziehung nachdenken würde. Zunächst geschockt und voller Widerwillen fragt sich die Autorin, was brauchen wir, um glücklich miteinander zu sein? Reicht unsere Liebe dafür aus oder zerstören wir alles, was wir haben? Zwängen wir uns eigentlich nur in ein Korsett aus moralischen und gesellschaftlichen Vorstellungen, die längst überholt sind? Braucht es wirklich nur Treue für die Liebe oder doch viel mehr eher Vertrauen, Kommunikation sowie Ehrlichkeit?
Und so wagen letztlich Anna und Alex diesen Schritt gemeinsam zu gehen.

Die Autorin berichtet dabei sehr offen und schonungslos über ihre Ehe, ebenso über ihr Sexualleben. Das Ganze macht sie äußerst humorvoll, ohne dabei ins Alberne abzugleiten. Zeigt das Auf und Ab, welches eine offene Ehe mit sich bringt. Redet über misslungene Treffen, über grandiosen Sex mit fremden Menschen, Eifersuchtsdramen zwischen ihr und ihrem Mann, aber auch über die Gefahr von Sexuell übertragbare Infektionen (STI).

Das Geschriebene wirkt dabei auf mich weder zu sachlich noch voyeuristisch. Es zeigt einfach die Perspektive und Erlebnisse eines Paares.

Man sollte, meiner Meinung nach, beim reflektieren dieser Lektüre trotzdem differenzieren, denn diese Erfahrungen lassen sich nicht eins zu eins auf andere Paare übertragen. Allerdings könnte es einen guten Ansatz für ein spannendes und ehrliches Gespräch mit dem eigenen Partner oder Partnerin bieten.

Ich denke es braucht vielleicht in der heutigen Zeit vielmehr mehr originelle Denkanstöße, wie wir Beziehungen führen können. Das heißt nicht, dass wir grundsätzlich alle zu einer anderen Form von Beziehung kommen müssen! Aber es könnte neue Bereiche eröffnen und eingefahrene Strukturen aufweichen. Denn wie schnell wird sich heute getrennt, als über andere Möglichkeiten nachzudenken, wenn die grundlegende Basis doch stimmt.

Für mich war es ein sehr gelungener Einblick in eine andere Beziehungsstruktur, die ich so noch nicht kannte. Ich mochte die leichte Art der Autorin über ein nicht ganz so einfaches Thema zu schreiben, welches selbst heute noch in unserer Gesellschaft so tabuisiert wird.
Damit macht sie einen spannenden Aufschlag.
Ich bin gespannt, was sich da in den nächsten Jahren in der Gesellschaft und deren Ansichten verändert.