Rezension

Spannende Anekdoten aus der österreichischen Rechtsmedizin

Über Leben und Tod -

Über Leben und Tod
von Florian Klenk

Bewertet mit 5 Sternen

Den Journalisten Florian Klenk und Prof. Christian Reiter (*1955)  verbinden eine langjährige berufliche Beziehung und ein gemeinsamer Podcast. Seit Klenk als Rechtspraktikant hinter die Kulissen der Wiener Rechtsmedizin blicken konnte, scheint sich ein ideales Team gefunden zu haben, wie die Coverabbildung vermittelt.

In sehr kurzen Episoden erzählt Reiter aus seiner Kindheit in einem Arbeiterviertel, seinen Ferienaufenthalten auf dem Land, seiner ersten Obduktion am verstorbenen Hamster und frühem Interesse an Würmern. Als Urenkel eines wissenschaftlichen Zeichners (*1865-1918), der direkt in der Pathologie Pestkranke abbildete, schlägt die Berufswahl des Nachkommen zunächst einen Haken, da  Reiters Mutter die Ausbildung zum Großtierarzt nicht gestattet – Veterinäre saufen zu viel, stellt sie fest. Ein Leben für die Gerichtsmedizin setzt die Familientradition jedoch fort.

Reiter berichtet drastisch, welch hohe Wellen vor 25 Jahren sein Gutachten zum Tod eines geknebelten Abschiebehäftlings schlug, er obduzierte das letzte Opfer der Serienmörderin Elfriede Blauensteiner und gab als Gutachter dem Fall Khaled al-Masri die entscheidende Wende, indem er bewies, in welcher Region al-Masri sich aufgehalten haben musste. Die gesamte Profession sah sich durch Großereignisse wie Flugzeugabstürze vor ungewöhnliche Herausforderungen gestellt.

Aus Reiters Schilderung des Umgangs mit Leichen und Präparaten als Museumsstücken können seine Leser:innen nur folgern, dass die Artefakte längst würdig bestattet sein sollten, weil sie kaum noch  Ausbildungszwecken dienen. Auch für die mangelhafte Dokumentation von Gewalttaten durch Polizei und Gerichtsmedizin zu Lasten der Opfer findet er deutliche Worte.

Mit netto unter 170 Seiten eher ein Büchlein, versammelt „Über  Leben und Tod“ einen Fundus an Anekdoten in  Ich-  und Reportage-Form, die für mir durchweg unbekannt waren. Meine Neugier, welches Kind Christian Reiter war und wie er  die Weiche zu seiner Berufsentscheidung stellte, hat das Buch befriedigt und mein Interesse an einer ausführlichen Biografie ist geweckt.