Rezension

Mir war es zu distanziert erzählt

Reichskanzlerplatz -

Reichskanzlerplatz
von Nora Bossong

Bewertet mit 3 Sternen

Ich frage mich ehrlicherweise was das ganze soll und bleibe eher ratlos zurück.

 

Also ja, es gibt Aspekte die ich gut fand. Sprachlich hat es mich total in den Bann gezogen. Bossong hat eine Erzählstimme die sehr poetisch wirkt, aber gleichzeitig fließend. Man rast durch die Seiten.

Magda Goebbels ist es auch durch die Propadanda gelungen ein ganz bestimmtes Bild von sich auch in der Gegenwart weiter aufrecht zu erhalten. Es ist schwer hinter die Fassade zu schauen. Auch Bossong gelingt das im Grunde nicht wirklich. Durch den Erzählblickwinkel bleibt das Verborgen, was die Geschichte nur schwer preisgibt. Soweit, so realistisch.

Gut fand ich auch, die Figur des Hans, der durch seine Homosexualität, ganz eigene Interessen hat, sich dem Regime nicht zu widersetzten, aber gleichzeitig durchschaut er die Propaganda sehr genau.

Die Verstrickungen der Familie Quandt mit dem Nationalsozialismus sind ja mittlerweile bekannt. Die Autorin bezieht diese Geschichte geschickt in ihre Handlung ein. Über den verstorbenen Hellmut Quandt, gerät Hans an Magda Quandt. Man versteht, was beide zueinander zieht.

 

Trotzdem, mir persönlich fehlte da etwas. Irgendwie kam ich nicht dahinter, warum Bossong das Ganze erzählt. Es wirkt manchmal so, das sie die Fassade der Magda Goebbels eben nicht durchschaut hat. Trotz sehr guter Recherche.

 

Interessanter als Magda fand ich sowieso Hans, der vor allem von seinen Verbindungen zu ihr profitiert. Den Teil fand ich lebendiger und glaubwürdiger erzählt. Ich denke, weil sich die Autorin hier mehr auf ihre Fantasie verlassen konnte und nicht so sehr zwischen den Fakten gefangen bleibt.

Mir bleibt die Geschichte jedenfalls immer wieder zu fern. Man kann niemanden so recht greifen, manche Verbindungen bleiben Hölzern.

Ich glaube weil Hans eigentlich alles "nur" erzählt, man erlebt nichts mit. Man hört nur davon.

Sich den Personen der NS Zeit zu näheren, hat viele Wege und manchmal fällt es leicht. Manchmal schwer. Manche Quellen lassen einen neuen Blick zu. Manche Recherche verläuft eher ins Leere.

Auf mich wirkte der Roman an einigen Stellen kalt. Vielleicht soll das auch die Kälte wieder spiegeln, die man der überzeugten Nationalsozialistin Magda Goebbels zuschreibt, seit man weiß das sie alle ihre Kinder bis auf Harald Quandt, ermordet hat. (Um sie, aus ihrem Blickwinkel, vor einer Zukunft ohne Nationalsozialismus zu bewahren.) Ich fand es inhaltlich aber an manchen Stellen schwach. Mir fehlte mehr Verbindung und warum sie die Geschichte ausgerechnet aus der Sicht eines Liebhabers erzählen wollte. Es wirkte irgendwie nichtssagend. Aus der Zeit gefallen und nicht lebendig. Das machte es mir aber auch schwer mich er beschriebenen Zeit zu nähern. Ich fand es wurde zu oft beschrieben, ich wurde aber nicht wirklich in die Zeit hineingezogen. War eher Zuschauerin eines Filmes, aber nicht der Zeit selbst.

PS: Den Schreibstil der Autorin mochte ich trotzdem, ich denke das ich noch mal einen Roman von ihr lesen würde.