Rezension

Mord im Musikermilieu

Eine Bratsche geht flöten - Inge Lütt

Eine Bratsche geht flöten
von Inge Lütt

Der Bratscher Ulhart Sansheimer wird vor dem Bachdenkmal in Arnstadt aufgefunden: Erschossen. Die Kommissarin Karin Rogner hat es nicht leicht, diesen Mord aufzuklären: Es gibt keine Zeugen, die Tatwaffe ist verschwunden und alle Verdächtigen scheinen ein Alibi zu haben. Als sie sich mit dem Umfeld des Bratschers beschäftigt, wird schnell deutlich, dass dieser ein äußerst unangenehmer Zeitgenosse war, dem so mancher den Tod gewünscht hat. Aber wer hat da wirklich ernst gemacht?

Ein Krimi im Musikermilieu, das ist doch mal originell. Eine Aufführung von Händels Belshazzar wird vorbereitet, und da braucht es ein Orchester, einen Chor, Solisten, einen Dirigenten, einen Festivalchef und natürlich auch Leute im Hintergrund wie einen Notenwart. Wer sich für klassische Musik interessiert, kann hier viele Anspielungen finden: So erinnert Rara Schilck an Barbara Schlick, auch wenn Ähnlichkeiten mit tatsächlichen Personen rein zufällig sein sollen. Auch die Schilderungen des Musikermilieus und des Festivalbetriebs sind interessant, wenn auch manchmal etwas klischeehaft. Aber trägt das?

Grundlage ist der Krimi, und der bleibt doch ziemlich dünn. Viele Befragungen und bürokratische Untersuchungen müssen durchgeführt werden; da wird die Handlung oft schleppend. Der Zufall spielt einige Male eine wichtige Rolle; für meinen Geschmack zu oft - und es bleiben auch zu viele lose Enden und ungeklärte Zusammenhänge. Die Handlung ist also eher mittelmäßig, und auch die Charakteristik der Personen kann mich nicht überzeugen: Warum sind die guten Musiker immer auch die guten Charaktere, und die schlechten haben auch noch weitere Mängel? Eine etwas naive Schwarz-Weiß-Malerei, die nicht lebensecht ist. Und dann ist da noch der Schreibstil: Manchen gefällt er, und er wird als heiter-ironisch und originell gelobt. Mich hat er eher genervt: Wenn die lesbische Kommissarin ihre Partnerin als "die Meinige" bezeichnet, ist das ja treffend, aber "Lebensabschnittserheiterin" ist dann doch zu gesucht. Dieser Stil war für mich zu sehr um Humor bemüht, um unterhaltsam zu sein. Und so habe ich mich oft dabei ertappt, dass meine Gedanken abschweiften - kein gutes Zeichen bei einem Krimi; ich war nicht gefesselt. 

Fazit: Kann man mal lesen, muss aber nicht sein.