Rezension

Gruselige Spannung diesmal in Romanform

Der Dieb in der Nacht - Katharina Hartwell

Der Dieb in der Nacht
von Katharina Hartwell

Bewertet mit 4 Sternen

Der Mann mit dem Spinnenbaum

Felix Heller verschwindet mit 19 Jahren mitten am Tag, keiner hat ihn seitdem mehr gesehen, es gibt keine Leiche und Lösegeldforderungen bleiben aus – fast scheint es so, als hätte er sich in Luft aufgelöst. Doch sein ehemals bester Freund Paul entdeckt den optisch vollkommen veränderten Felix viele Jahre später in einem Prager Café. Tatsächlich fehlen diesem Fremden sämtliche Erinnerungen an seine Vergangenheit, denn er wurde aus der Moldau gerettet und kann sich an sein Leben vor dem Unfall nicht mehr entsinnen. Paul nimmt den Mann, der sich nun Ira Blixen nennt und als Künstler abstrakter Skulpturen sein Geld verdient, mit nach Hause und stellt ihn dort seiner vermeintlichen Schwester Louise vor, die ebenfalls Pauls Freundin ist. Aber die freudige Stimmung kippt schon bald, denn Ira erschleicht sich die Freundschaft der beiden und belastet durch Lügen, Diebstahl und zweifelhaftes Verhalten die Stimmung in der Wohngemeinschaft. Blixens Anwesenheit löst erst Unbehagen aus, steigert sich dann mehr und mehr zur subtilen Bedrohung. Paul und Louise ersinnen einen Plan, wie sie Ira wieder loswerden können, denn eines steht fest, freiwillig wird er nicht gehen …

Dieser mysteriöse, psychologisch tiefschürfende Roman erzeugt eine immer stärker werdende gruselige Lesestimmung, die mich mitfiebern und bangen ließ. Ein dramatisches Katz- und Maus-Spiel, welches auf einer einfachen Verwechslung basiert, nimmt seinen fatalen Verlauf. Die Autorin geht nicht nur virtuos mit der Sprache um, sondern webt ein engmaschiges Netz um falsche Identitäten, traurige Verluste und dunkle Zweifel. Was ist wahr? Was ist Fiktion? Und wer oder was ist Ira Blixen wirklich?

Die Erzählung hebt sich sehr positiv hervor, sowohl vom Schreibstil als auch von der Romanidee – sie ist einmal etwas ganz anderes, nimmt unerwartete Wendungen und bleibt stellenweise schwer greifbar. Aber gerade deswegen hat mir dieses Werk sehr gut gefallen, denn meine Erwartungen wurden hier auf verschiedenen Ebenen erfüllt.

Fazit: Ich vergebe 4 Sterne für einen besonderen, eigenwilligen Roman, der mich nicht nur unterhalten hat sondern darüber hinaus ganz ohne Horror ein Gänsehautfeeling erzeugen konnte. Kleines Manko: Das Ende! In der Schlussszene hätte ich mir eine andere, aussagekräftigere Version gewünscht, ein echtes, kein fiktives Ende – ansonsten lesenswert.