Rezension

Spannend, beklemmend und doch voll Hoffnung

Konstantin - In der Welt habt ihr Angst - Monja Schneider

Konstantin - In der Welt habt ihr Angst
von Monja Schneider

Bewertet mit 5 Sternen

„...Mir war lange nicht bewusst, wie wichtig und wertvoll meine Familie für mich ist...“

 

Es ist ein Novembermorgen in Hamburg. Julia, Gräfin von Waldeck, sitzt mit ihrem Mann Richard, einem bekannten Reeder, am Frühstückstisch, als die Haushälterin die Post bringt. Dabei ist ein Brief von Konstantin, dem 16jährigen Sohn des Paares, der auf einem Schweizer Eliteinternat ist. Er darf demnächst als Betreuer jüngere Schüler auf einen Skiausflug begleiten. Das gilt als Auszeichnung. Im abendlichen Gebet bittet die Gräfin um Schutz für ihren Sohn.

Wenige Tage später findet der Ausflug statt. Alles verläuft zur Zufriedenheit. Konstantin steht als letzter Schüler vor dem Bus. In dem Moment hält ihm jemand einen Lappen vor das Gesicht. Es fallen Schüsse.

Die Autorin hat ein spannendes und vielschichtiges Buch geschrieben. Die Geschichte hat mich schnell in ihren Bann gezogen. Das liegt zum einen an den angenehmen Schriftstil, zum anderen daran, dass das Verhalten der verschiedenen Personengruppen in einer Extremsituation klar herausgearbeitet wird. Die einzelnen Personen werden mit ihren Stärken und Schwächen gut charakterisiert. Genauer möchte ich darauf nicht eingehen. Es bleibt dem zukünftigen Leser überlassen, sich selbst ein Bild zu machen.

Für Graf und Gräfin von Waldeck ist die Entführung ihres Sohnes nicht nur ein Schock. Plötzlich ist nichts mehr, wie es war. Die alltägliche Routine wird durchbrochen und bisher wichtige Werte infrage gestellt. Es werden neue Prioritäten gesetzt. Bei beiden dauert es unterschiedlich lang, bis die ganze Tragweite des Geschehens ins Bewusstsein gedrungen ist. Beschämend sind die Reaktion einiger Mitbürger und ihr Getratsche. Während Julia sich an ihren Glauben klammert, hadert Richard mit Gott und dem Pfarrer.

Da die Entführung in der Öffentlichkeit stattfand, sind die Kriminalisten von Anfang an involviert. Sie sind es, die dem Ehepaar die Nachricht bringen. Es läuft die übliche Routine ab. Trotzdem wird deutlich, dass die Möglichkeiten der Aufklärung begrenzt sind.

Ab und an gestattet die Autorin einen Blick in Konstantins Gefängnis. Die Erkenntnis, dass jede Rebellion, ja jedes falsche Wort, seine Lage verschlimmert, setzt sich schleichend durch. Konstantin kämpft um sein Leben, doch die Folgen von Isolation und Haft hinterlassen auch psychisch mehr und mehr ihre Spuren. Das vermag die Autorin mit wenigen Worten und in kurzen Abschnitten darzustellen.

Auch die Entführer bilden kein homogenes Trio. Einer von ihnen hat sich eine Spur Menschlichkeit bewahrt. Genau deshalb konnte ich sein Tun und Handeln logisch nicht nachvollziehen. Nicht immer heiligt der Zweck die Mittel.

Der sprachliche Stil ist dem Genre angemessen und unterstützt den Handlungsablauf. Kurze Kapitel, die mit Ort, Datum und Uhrzeit beginnen, sorgen für eine gute Orientierung bei den wechselnden Handlungsorten. Höhepunkte sind für mich die Gespräche von Richard mit Rory, einem Iren. Er schenkt in dieser Situation Richard Freundschaft und ist ihm ein Halt. Bezugnehmend auf einen irischen Segensspruch führen ihre Gespräche in die Tiefe des Glaubens und die Unwägbarkeiten des Lebens. Der Segensspruch ist im Anhang abgedruckt. Das Erleben hat bei allen Beteiligten Spuren hinterlassen. Davon zeugt das obige Zitat von Richard.

Das dunkle Cover mit dem einen schwachen Lichtstrahl der Hoffnung passt zum Geschehen.

Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Anhand einer Extremsituation werden Glauben und Vertrauen hinterfragt sowie der Wert von Freundschaft und Familie dargestellt. Sie siegen über Neid, Missgunst und Geldgier.