Rezension

Schatten der Vergangenheit

Haus der Vergangenheit - Jacky Unknown

Haus der Vergangenheit
von Jacky Unknown

Bewertet mit 4 Sternen

„...Bücher strahlten für sie eine gewisse Macht aus – durch das Wissen, das sie vermittelten – und Lesen war für sie die größte Erfüllung... Das Buch … war für sie eine der bedeutendsten Erfindungen der Menschheit...“

 

Wir schreiben das Jahr 1980. Dolores Winter wartet auf ihren gewalttätigen Mann.

Dann wechselt die Geschichte in das Jahr 2015 nach Frankreich. Dort arbeitet Elisa Arendt seit fünf Jahren als Lektorin in einem renommierten Verlag. Sie hat sich mit Anna Braun befreundet, die sich zwei Jahre später als Office Managerin beworben hat. Die junge Frau ist sehr verschlossen und zurückhaltend. Elisa ist mit ihrem Leben unzufrieden. Obwohl ihr der Beruf Spaß macht und sie sich in Paris wohlfühlt, scheint ihr etwas zu fehlen. Obiges Zitat stammt von Elisa. Die Beziehung zu ihrem Freund befriedigt sie nicht. Deshalb entschließt sich Elisa kurzfristig, eine Auszeit zu nehmen und fliegt auf Korsika.

Nach ihrer Rückkehr erhält sie den Brief eines Anwalts. Ein Klaus Winter hat ihr Haus und Grundstück vererbt. Elisa glaubt an einen Irrtum.

Die Autorin hat einen vielschichtigen Kriminalroman geschrieben. Eine zarte Romanze auf Korsika, ein Toter in Deutschland, von dem man kaum etwas weiß, und zwei Familiengeschichten, die unheilvoll miteinander verwoben sind – das ist der Stoff, aus dem der Roman besteht.

Der Schriftstil des Buches wird dem unterschiedlichen Inhalt gerecht. Korsika und seine Besonderheiten werden detailgenau und mit passenden Metaphern beschrieben. Für die behutsame Annäherung von Elisa und Lèonard findet die Autorin berührende Worte. Gute Gespräche wechseln mit romantischen Szenen. Elisas innerer Zerrissenheit zwischen der Anziehungskraft von Lèonard und ihrer Angst, nicht zu einer tiefen Bindung fähig zu sein, wird deutlich herausgearbeitet.

Dass der eigentliche Kriminalfall nicht in der Versenkung verschwindet und der Tod von Klaus Winter nicht als Selbstmord abgehakt wird, ist Thomas Bischoff zu verdanken. Der Kriminalist geht äußerst gründlich vor. Hier lerne ich als Leser auch Elisas Familie kennen. Der große Bruder ist für die Schwester da. Die Mutter allerdings ist nur zeitweise klar, da sie an Demenz leidet. Der Einblick in Elisas Kindheit gibt Antworten auf ihre Entwicklung, verbirgt aber lange Zeit ein Geheimnis. Als besonderes Stilmittel führt mich die Autorin wiederholt ins Jahre 1980 bis 1982 und zu dem Martyrium der Dolores Winter. Gut gefallen hat mir, dass im Roman auch den Kriminalisten ein Privatleben zugebilligt wurde, dass nicht immer einfach war. Die Ermittlungen fördern ungeahnte Tatsachen zutage. Auffallend ist die völlig unterschiedliche Atmosphäre in der ersten Hälfte des Buches und im Rest. Die stimmungsvollen Szenen weichen einer gewissen Düsternis. Gleichzeitig aber nimmt der Spannungsbogen extrem zu, dem ich im ersten Teil etwas vermisst hatte.

Das Cover mit dem alten Haus passt zur Geschichte.

Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Der Autorin ist es gelungen, menschliche Schicksale auf unerwartete Art miteinander zu verknüpfen.