Rezension

Spannendes Szenario aber teilweise verwirrend

Hagerstown - Edward Ashton

Hagerstown
von Edward Ashton

Bewertet mit 3 Sternen

Die Zukunft in den USA, die Technik ist sehr weit fortgeschritten. Auch die Menschen haben sich sehr "weiterentwickelt", denn kaum noch jemand ist ein Unveränderter, ein Homo Saps, denn bei sehr vielen wurde in der genetischen Struktur Veränderungen vorgenommen oder man wurde durch Implantate technisch aufgerüstet. Ein Leben ohne Avatare, die viele Arbeiten, z. B. im Haus, übernehmen, ist nicht mehr vorstellbar und man ist einfach ständig online. Doch dann geschieht etwas, dass Unruhen hervorruft. In Hagerstown bricht ein Virus aus, der innerhalb von Minuten fast die ganze Stadt auslöscht, lediglich die Unveränderten scheinen verschont zu bleiben. Ein Anschlag auf Veränderte? Damit niemand ahnt, was in Hagerstown vor sich geht, befiehlt NatSec die totale Vernichtung der Stadt. Alle Menschen sterben, bis auf eine: Elise.
Meine Meinung:
Ich habe, bevor ich mit meiner Rezension begann, eine ganze Weile da gesessen und alles gelesene noch einmal auf mich wirken lassen und doch bin ich völlig hin- und hergerissen. Selten fällt es mir schwer, die passenden Worte für eine Rezension zu finden, doch Hagerstown macht es mir dieses mal nicht ganz leicht. Der Autor verfügt über einen sehr angenehmen und flüssigen Schreibstil, jedoch setzt er hier auch ein sehr hohes technisches Verständnis voraus und wirft oft mit Begriffen um sich, die mir nicht immer gleich klar und schlüssig waren. Es kam mir beim Lesen des Buches so vor, als wenn er genau weiß, was er erzählt, allerdings vermittelt er nur wenig davon an den Leser und so musste ich immer mal wieder innehalten und überlegen, worum es denn nun gerade wirklich ging. Sprachlich bleibt es recht emotionslos, was hier aber absolut in Ordnung und passend ist, denn damit greift er auch den Inhalt gut auf.
Der Plot an für sich wirkt durchdacht und der Spannungsaufbau gelingt hier ebenfalls. Doch insgesamt habe ich eine etwas andere Geschichte in Richtung Endzeitszenario erwartet, nachdem ich von dem Virus las. Stattdessen scheint es mir hier ein eher gesellschaftskritischer Science Fiction Roman zu sein, denn er macht hier eines ganz klar: sind genetische Veränderungen für den Menschen in Ordnung? Wenn ja, wieviel Veränderung ist denn noch tragbar, um einen Menschen ein Mensch sein zu lassen? Dabei greift er Konflikte zwischen Veränderten und Unveränderten auf, die man mit unseren heutigen Streitigkeiten zwischen schwarz und weiß vergleichen kann. Genau so zeigt er auf, wie man mit ein bisschen Hetze, hier bevorzugt über das Internet, Menschen gegeneinander aufstacheln kann. Das alles hat mir sehr gut gefallen, macht nachdenklich und brachte mich auch dazu, auch jetzt noch immer wieder über das Gelesene nachzugrübeln.
Die Geschichte wird in der Ich-Form wiedergegeben, allerdings beschränkt Ashton sich nicht auf nur einen Erzähler, sondern wechselt die Perspektiven zwischen vier verschiedenen Charakteren. Zwar steht hier zu Beginn des Kapitels, wer hier gerade erzählt, doch tatsächlich musste ich hier und da zurückblättern, weil ich nicht mehr wusste, wer gerade dran ist. Dazwischen gibt es noch Einblendung diverser Chats (Feeds) aus dem Internet, die die Launen der Bevölkerung sehr gut wiederspiegeln. Alles in allem war mir aber genau das ein wenig zu viel und sorgte immer mal wieder für Verwirrungen. Mir wäre es hier lieber gewesen, wenn der Autor sich auf einen Protagonisten festgelegt hätte.
Die vier Protagonisten sind Anders, ein junger Lehrer an einer Uni, Gary, dessen Mitbewohner, Terry und deren Schwester Elise. Auch wenn ich ein paar Details über jeden der Charaktere weiß, habe ich nicht das Gefühl, auch nur einen von ihnen näher gekommen zu sein. Ich konnte mich nicht richtig in die Personen hineinversetzen und fühlte mich so auch nicht richtig mit ihnen verbunden.