Rezension

Ein historischer Krimi mit einnehmender Atmosphäre

Die Blüten von Pigalle - Michelle Cordier

Die Blüten von Pigalle
von Michelle Cordier

Der gerade aus dem deutschen KZ heimgekehrte Camille Laval wird erschlagen in seinem Hotelzimmer aufgefunden. Das Team um Jean Ricolet nimmt die Ermittlungen auf. Schon bald zeigen die Spuren in verschiedenste Richtungen. Auch Ricolets Freundin Pauline Ducrat möchte helfen und stellt ihre eigenen Ermittlungen an. Dabei gerät sie schon bald in große Gefahr.

Der zweite Fall für das ungleiche Ermittlerduo Pauline Ducrat und Jean Ricolet ist wieder ein stimmungsvoller Krimi. Die Krimis von Michelle Cordier kommen wunderbar ohne blutrünstige Details und nervenaufreibende Szenen klar. Sie sind ruhig dahinfließend, wunderschön erzählt und doch spannend gemacht.

Der Roman besticht durch seine einzigartige Atmosphäre.  Detaillierte Beschreibungen der Örtlichkeiten und Menschen fangen auf wunderbare Weise die Stimmung des Paris der Nachkriegszeit ein und bringen sie dem Leser nahe. Ich hatte beim Lesen das Gefühl, mit den Protagonisten durch die Straßen Paris zu gehen, die zum Teil noch zerbombten Häuser zu sehen, oder die Menschen zu beobachten und zu erleben, wie so langsam alle wieder ihr Leben nach dem Krieg neu gestalten.

Die Hauptpersonen Jean und Pauline sind alles andere als perfekt, was sie gleichzeitig ungekünstelt und realistische wirken lässt. Jean Ricolet ist der junge Inspektor, der vom Land in die Großstadt gekommen ist. Sein Eifer lässt ihn manchmal über das Ziel hinausschießen. Als Leser merkt man wunderbar, dass er noch unerfahren im Beruf ist und noch viel lernen muss. Trotzdem ist er intelligent und geht seinen Weg. Auch wenn er mal aneckt. Die Figur des Jean Ricolet ist ein sehr angenehmes Gegenstück zu vielen "Supercops" mit Beziehungsproblemen etc, die heutzutage in der Literatur präsent sind.

Paul Ducrat, Ricolets Freundin und engagierte Mithelferin beim Fällelösen ist eine sympathische junge Frau mit kleinen Charakterfehlern hier und da. Oftmals etwas unüberlegt und spontan, bildet sie ein gutes Gegenstück zum eher alles gut durchdenkenden Ricolet.

Die Geschichte gibt einen guten Einblick in die französische Gesellschaft der Nachkriegszeit. Die Unterschiede zwischen den Ständen herrschen noch vor, auch wenn ein Teil des Adels verarmt ist. Aber das Standesdenken ist noch in vielen Köpfen der älteren Personen, während die jungen Leute bereits die neue Zeit erkannt haben und sich anpassen.

Auch im zweiten Fall für Ricolet und Pauline gibt es wieder viele Verwicklungen, unzählige Spuren und ein gutes Dutzend Verdächtige. Aber die Spannung bleibt bist zum Schluss und auch die Auflösung gibt es erst ganz am Ende, was mir persönlich sehr gefällt, da ich liebend gern selber mitrate und überlege, wer der Täter denn sein könnte.

In diesem Band haben teilweise die Reflexionen zur privaten Beziehung zwischen Ricolet und Pauline den Fall in den Hintergrund gedrängt. Das hatte für mich zur Folge, dass mir der Mittelteil etwas langatmiger als der Rest des Buches erschien.

Zusammenfassend fand ich diesen kleinen Krimi sehr schön zu lesen. Das Buch lebt durch seine tollen Beschreibungen und die dadurch entstehende Stimmung. Wer Nervenkitzel und Spannung sucht, ist bei diesem Buch falsch. Es ist etwas für Genießer.