Rezension

Psychothriller, der unter die Haut geht

Tödliche Schuld - Caroline De Vries

Tödliche Schuld
von Caroline de Vries

Bewertet mit 5 Sternen

Beachtenswerter Ansatz der Autorin, die ihre journalistischen Berufserfahrungen mit dem politischen System in der Ukraine Anfang des 21. Jahrhunderts zu einem aufweckenden Politthriller verbindet. Das korrupte politische System, die Anbiederung deutscher Unternehmer, die große Diskrepanz zwischen Arm und Reich und das Leben auf dem Lande werden thematisiert.

Katharina Iswestja, eine 25jährige Ukrainerin, als 5jähriges Kind mit ihrer Mutter nach Deutschland geflohen erhält einen Rechercheauftrag ihrer Hamburger Zeitung in der Ukraine. Katharina erzählt ihre dramatischen Ereignisse in Kiew und der Ukraine in ICH-Form.

Es beginnt eine Investigation der dunkelsten Seite der ukrainischen Politik mit Katharinas Auseinandersetzung eigener Vergangenheit. Geschickt wechselt die Autorin vom Kiew 2003/04 in das Kiew 1993, denn dort hatte die „tödliche Schuld“ ihren Ursprung.

Katharina wird mit den ukrainischen „Besonderheiten“ bereits mit dem Eintritt in das Land ab dem Flughafen konfrontiert. Von der naiven, schreckhaften und der ohne Kenntnis der Vergangenheit ihres Vaters Grigorij Iswestja, von Beruf Journalist in Kiew herumirrenden Katharina wird eine Powerfrau, die ihre stahlbewehrten Stiefel einsetzt und eine Killerin.

Katharina wird auf Schritt und Tritt beobachtet und verfolgt von Boris, dessen Absichten und Auftraggeber ihr zunächst zweifelhaft erscheinen. Mandelow, der engste Mitarbeiter von Grigorij stirbt ausgerechnet in den Armen von Katharina, die darauf hin verhaftet wird und sich ab diesem Zeitpunkt in der „Obhut“ von Igor Wolkow, dem Staatsanwalt befindet.

Victor Abramow, ukrainischer Oligarch und Präsidentschaftskandidat Alexander Karkow planten 1993 die Beseitigung Tatjana Setschenka, Inhaberin mehrerer Printmedien und eine Konkurrentin um das Amt des Präsidenten der Ukraine. Ein „begabter Zögling“, der später noch eine zentrale Rolle spielen sollte wird mit der „Beseitigung“ von Setschenka, nicht ohne Aussicht auf Karriere, Reichtum und Macht betraut. Setschenka wird nach dem Fick ihres Lebens mit ihrem Bodyguard Karl von diesem in ihrem SUV im Dnjepr versenkt. In Zusammenhang mit diese diesem Mord soll es ein Video geben, das im Besitz von Grigorij Isvestja vermutet wird. Auftraggeber dieses Mordes möchten unbedingt in den Besitz dieses kompromittierenden Videos gelangen und schrecken dabei vor Einschüchterungen, Entführung und Mord nicht zurück.

Katharina trifft ihren Vater, beide fliehen in die Ostukraine werden aber ständig verfolgt. In Donezk in einem Bergwerk von Abramow kommt es zum Showdown. Katharina tötet Abramow.

Igor Wolkow, der Staatsanwalt bekundet nicht ohne Grund ein besonderes Interesse an dem Video und lässt Katharina und ihren Vater nach Kiew zurückfliegen. Igor präpariert das ihm übergebene Video, um seine weiße Weste zu demonstrieren. Doch Grigorij, später von Häschern ermordet hat eine Kopie vom Original gemacht, die Igor als den „begabter Zögling“ entlarvt.

Es ist nur dem großen Herz der Autorin zu verdanken, dass sie einen unblutigen Schluss wählt: Katharina rächt sich nicht an Igor und tötet ihn nicht. Es folgt ein Diskurs mir Igor über das politische System in der Ukraine, mit welchen Maßstäben die Handlungen der korrupten Mächtigen in der Ukraine zu beurteilen sind.

Die vielen Puzzles, die entstehen werden in gutem Erzähl- und Schreibstil am Ende zusammengefügt, lassen aber den Leser in besonderer Besinnung - von der Autorin bewusst gewünscht - zurück.