Rezension

Anspruchsvoll zu lesen

Das Lächeln des Elefanten - Marco Missiroli

Das Lächeln des Elefanten
von Marco Missiroli

Bewertet mit 4 Sternen

Pietro wurde ohne Berufung Priester, einfach weil er als Baby vor einem kirchlichen Heim ausgesetzt wurde. Erst im Alter kehrt er von Gott ab. Auch da erst erreicht ihn ein Brief seiner großen Liebe Celeste, die ihm vor ihrem nahen Tod das bisher gehütete Geheimnis offenbart, dass aus ihrer einzigen vor Jahrzehnten verbrachten Nacht ihr gemeinsamer, ebenfalls in Unkenntnis befindlicher Sohn Luca hervorgegangen ist. Mit Hilfe ihres Freundes, dem Hausverwalter Poppi, tritt Pietro in Mailand eine Stelle als Portier in dem Palozza an, in dem auch sein Sohn lebt. Er will ihn schützen, ohne sich als Vater zu erkennen zu geben. Beistand bedarf Luca in der Tat. Er arbeitet als Arzt auf einer Kinderkrebsstation. Mit dem Versterben jedes kranken Kindes verliert er einen Teil von sich selbst. Teilweise leistet er aktive Sterbehilfe. Seine über allesgeliebte Tochter Sara wurde tatsächlich von seinem besten Freund gezeugt, wovon Luca nichts weiß. Außer Luca unterstützt Pietro die weiteren, exzentrischen Hausbewohner: Den homosexuellen Avvocato Poppi, der um seinen verstorbenen Lebensgefährten trauert, die Witwe Paola mit ihrem geistig behinderten Sohn Fernando, der seine Liebe Kellnerinnen schenken will. Wird Pietro sich als Lucas Vater zu erkennen geben, wozu ihn Poppi drängt? Und wird Saras leiblicher Vater Luca über die wahren Verhältnisse informieren?

 

Der Schreibstil dieses wunderbaren Buches ist recht eigenwillig, klingt nach einem typisch italienischen Werk. An Lebendigkeit gewinnt das Buch durch regelmäßige Rückblenden in die Zeit, als Pietro ein junger Priester war und eine große Liebe mit Celeste erlebte, von ihm „Hexe“ genannt. Das Cover ist treffend zur Geschichte gewählt: Abgebildet ist Pietro auf seinem geliebten Bianchi-Fahrrad als Scherenschnitt-/Schattenspielfigur, angelehnt an das von ihm beherrschte Schattenspiel. Auf den Elefanten im Buchtitel wird in der Geschichte als eine Art Leitmotiv immer wieder eingegangen. Pietro schenkt einem sterbenden Kind eine entsprechende Plüschfigur und legt sie später in das Grab von Celeste. Zu Elefanten gibt es die Information, dass sie sich ohne Rücksicht auf Verwandtschaftsverhältnisse um die Herde kümmern; jeder für jeden.

Inhaltlich ist das Buch sehr anspruchsvoll. Es geht vor allem um die Frage, wie weit Väter aus Liebe zu ihren Kindern gehen, um sie zu schützen. Pietro jedenfalls, der nur Gott als seinen Vater kannte, sich aber immer nach Vater und Mutter sehnte, ist bereit, sehr, sehr viel zu tun. Am Ende will er sogar sein Leben für Luca opfern. Seine wesentlichen Gedanken zur Vaterrolle sind: „die Machtlosigkeit gegenüber dem Schicksal der Kinder verbindet alle Väter … Was sie unterscheidet, ist die Hingabe“ (S. 106). Daneben werden auch die nicht einfachen und zum Nachdenken anregenden Themen Krankheit, Tod, Trauer, Behinderung angesprochen.

 

Ein bewegendes, dennoch unterhaltendes Buch.