Rezension

Schillernde Zeitreise

City of Girls - Elizabeth Gilbert

City of Girls
von Elizabeth Gilbert

Bewertet mit 3 Sternen

So richtig gepackt hat mich die Geschichte in dem Moment, als die Ich-Erzählerin Vivian Morris im Sommer 1940 am Grand Central Station in New York ankommt. Die 19-jährige, erfolglos am College, wurde von ihrer wohlhabenden Familie in Clinton zu ihrer Tante Peg geschickt, die ein Theater leitet.

Die Briefform eignet sich gut, da Vivian ihre ersten Eindrücke von der vibrierenden Großstadt und von Pegs Theater überschwänglich erzählt. Gemeinsam mit der Revuetänzerin Celia stürzt sie sich ins Nachtleben, kostet ihre Freiheit aus und taumelt rastlos von einem Vergnügen zum nächsten. Für sie mag das sehr aufregend sein, doch für die Hörer wird es auf die Dauer ein wenig monoton. 

Mich interessierte vielmehr Vivians Talent, ausgefallene Kostüme für die Revuegirls zu nähen. Auch die Art und Weise wie die Freidenkerin Peg und die pflichtbewusste Olive das Theater führen verfolgte ich mit großer Neugier. Als plötzlich Pegs Ex-Mann Billy auftaucht und das titelgebende Stück „City of Girls“ mit einer berühmten britischen Schauspielerin inszenieren will, spitzen sich die Konflikte zu.

Es folgen Ereignisse, die Vivian zwingen, mehr Rücksicht auf andere zu nehmen und Verantwortung zu übernehmen. Diese werden stellenweise etwas lieblos aneinandergereiht. Dann wieder gibt es Passagen, in denen die Figuren und die Atmosphäre regelrecht lebendig werden und die Zeitreise großes Vergnügen bereitet. Dies ist zum großen Teil der wunderbaren Sprecherin Cathlen Gawlich zu verdanken. Sie liest sehr nuancenreich, mal sanft und ruhig, mal ausdrucksstark und mit viel Pathos ohne sich zu stark aufzudrängen.

Ich denke, Elizabeth Gilbert wollte in erster Linie - was der Titel auch ausdrückt - eine Reihe von Frauenfiguren zeichnen, die sich auf ganz unterschiedliche Art die Freiheit nehmen, selbstbestimmt zu leben und keine Scheu davor haben, sich dem Vergnügen und dem Genuss hinzugeben. Die Geschichte war für mich jedoch schwächer als die Romane, die ich sonst von ihr gewohnt bin.