Rezension

Der dritte Fall für Henning Juul

Verleumdet - Thomas Enger

Verleumdet
von Thomas Enger

„Verleumdet“ ist nach „Sterblich“ und „Vergiftet“ der dritte Fall, an dem der Online-Redakteur Henning Juul beteiligt ist und maßgeblich zur Aufklärung beiträgt.
Unterschiedliche Handlungsstränge laufen hier parallel: Zum einen wird in einem Pflegeheim für Senioren Erna Pedersen, eine dreiundachtzigjährige ehemalige Lehrerin tot aufgefunden. Ermordet von einem vor Wut rasenden Täter, der ihr mit Stricknadeln die Augen ausgestochen hat. Zum anderen wird Trine Juul-Osmundsen, Justizministerin und die Schwester von Henning, Headliner auf Seite eins, da sie der sexuellen Nötigung bezichtigt und zum Rücktritt aufgefordert wird. Und zum dritten ist da noch immer der Fall des unbekannten Brandstifters, der dafür verantwortlich zeichnet, dass Henning Juuls Sohn Jonas in den Flammen umgekommen ist.

Im Fall seiner Schwester und bei der Suche nach dem Feuerteufel ist der Protagonist natürlich persönlich involviert, das liegt auf der Hand. Zumal sich offenbar außer ihm niemand darum kümmern will. Anders sieht es im Fall der ermordeten Lehrerin aus, denn hier leitet Kriminalkommissar Bjarne Brogeland die Ermittlungen, dem Juul bei seinen Recherchen über den Weg läuft. Die beiden Männer kennen sich seit vielen Jahren, und da die Polizei auf eine Mauer des Schweigens stößt und keine Ergebnisse vorweisen kann, bittet Brogeland seinen alten Freund um Mithilfe.

Wie bereits in den beiden Vorgängerbänden der Reihe präsentiert sich auch in „Verleumdet“ die Hauptfigur Henning Juul als hartnäckiger Ermittler, der auch vor unkonventionellen Methoden nicht zurückschreckt. Was die beiden im Vordergrund stehenden Fälle angeht, balanciert der Autor Thomas Enger gelungen zwischen den öffentlichen Interessen und der privaten Motivation seines Protagonisten. Dazu kommt ein Schuss Familiengeschichte bzw. -tragödie, damit der persönliche Hintergrund Juuls an Kontur gewinnt.

Keine Frage, Thomas Enger hat eine spannende Geschichte mit einem sympathischen Protagonisten geschrieben, aber den Versuch, die beiden Fälle, die für sich allein bereits genügend Potenzial haben, zu verbinden, finde ich allerdings nicht hundertprozentig gelungen. Hier hat der Autor meiner Meinung nach einen Tick zu tief in die Klischee-Kiste gegriffen und dem guten Gesamteindruck leider einen leichten Dämpfer verpasst.