Rezension

64/ Gutes Buch, aber kein Thriller

64 - Hideo Yokoyama

64
von Hideo Yokoyama

Bewertet mit 4 Sternen

 Die  Teenagertochter von Yoshinobu Mikami, Pressedirektor eines Polizeipräsidiums, einer Präfektur in Japan verschwindet.Mikami, selbst Gefangener eines übermächtigen Verwaltungsapparats, stößt kurz darauf auf ein geheimes Memo zu Fall 64 ,einem nicht abgeschlossenen Fall , bei dem ein Mädchen entführt und  getötet wurde. Er beginnt auf eigene Faust zu ermitteln.

Was auf dem Klappentext und Buchcover als Thriller angepriesen wird,entpuppt sich als japanische Gesellschaftsstudie,über den Alltag und Arbeitsweise eines sehr hierarchisch aufgebauten Polizeiapperats. Hier stehen sich Präsidium, Kriminalamt,Pressestelle und Presseclub der Journalisten, gegenüber.Was zunächst sehr trocken anmutet, entwickelt sich langsam ( fast in Echtzeit) als  eine interessante Story ,um Intrigen und Korupption der verschiedenen Abteilungen. Es geht um Hierarchien, Gesichtswahrungen , moralischem Umgang  im miteinander und mit den Fällen. Erstaunt war ich darüber ,wie extrem unterschiedlich die japanische Höflichkeit ausgelebt wird. Es existiert praktisch nur eine Höflichkeit von unten nach oben, während die meisten  Vorgesetzten ( besonders in den oberen Etagen) ihre Untergebenen oft wie den letzten Dreck behandeln. Wären da nicht der Hauptprotagonist Pressedirektor Mikami und seine loyalen Mitarbeiter nicht so ein gutes Team,hätte ich das auf die Dauer als sehr unangenehm empfunden. 

Ja, die 760 Seiten können einem manchmal sehr lang vorkommen, aber man wird mit einer guten und komplexen Geschichte belohnt, die auch ein gut aufgelöstes Ende liefert. Nur,man darf wirklich keinen Thriller erwarten, oder ein Buch das man so nebenbei als leichte Unterhaltung lesen möchte.