Rezension

Absolut kein Leseverngügen

Río Puro - Germán Kratochwil

Río Puro
von Germán Kratochwil

Bewertet mit 2 Sternen

Dieses Buch wird mir leider in schlechter Erinnerung bleiben und hat mir einige der schlechtesten bzw. abstoßendsten Lesemomente, die ich je hatte, verschafft.

Kurzmeinung
Ein Buch, mit dessen Figuren ich leider überhaupt nicht warm werden konnte und in dem mir einzig und allein die Landschaftsbeschreibungen Patagoniens gefallen haben.
 

Inhalt
Der Österreicher Leopold Kainzer fliegt nach Argentinien, um über die dortigen Präsidentschaftswahlen zu berichten. In Buenos Aires möchte er sich mit alten Freunden, dem Paar Livia und Franz Melan, treffen. Bei seiner Ankunft erfährt Leo jedoch von Livia, dass Franz verschwunden ist - mit fast einer halben Million Dollar. Sie weiß lediglich, dass er irgendwo in Patagonien ist. Aber warum er abgehauen ist und wofür er das Geld braucht, das weiß sie nicht.

Livia bittet Leopold, nach Patagonien zu reisen und Franz zu suchen, was dieser letztendlich auch macht.

Was steckt hinter dem Verschwinden von Franz Melan und kann Leopold ihn ausfindig machen?
 

Meine ausführlichere Meinung
Ich hatte mich sehr auf die Lektüre dieses Buches gefreut, da es recht vielversprechend klang und mir eine "saftige Prosa, voll Scharfsinn und Humor" versprochen wurde. Ich hatte zuvor noch nichts von Kratochwil gelesen, aber da sein Erstlingswerk für den Deutschen Buchpreis nominiert worden ist, war ich mir sicher, dass ich dieses Buch mögen würde.

Leider lag ich da falsch.

Der Schreibstil entspricht leider überhaupt nicht meinem Geschmack. Aufzählungen über Aufzählungen; Sätze, die teilweise eine halbe Seite einnehmen; Dialoge, die künstlich und sehr geschraubt wirken, meist überlang sind und meiner Meinung nach eher aneinandergereihte Monologe sind; übermäßiger Einsatz von teilweise unpassenden Vergleichen und anderen Stilmitteln - all dies führte schon ziemlich zu Beginn des Buches dazu, dass die Lektüre für mich anstrengend wurde und ich mich zum Weiterlesen zwingen musste.

Hinzu kommt, dass ich mit keinem einzigen der geschilderten Charaktere warm werden konnte und diese für meinen Geschmack oft überzeichnet sind, ja eher Karikaturen als Figuren. Desweiteren habe ich Probleme damit, die Handlungsweisen mancher Figuren nachzuvollziehen. Insbesondere bei Leopold Kainzer wurde mir nie klar, warum dieser alles stehen und liegen lässt und seinen Freund in Patagonien sucht, wobei er sich doch ständig darüber beschwert, dass er eigentlich keine Lust und Zeit dazu hat und er seine Arbeit, die ihn ja erst nach Argentinien geführt hat, deshalb vollkommen vernachlässigt.

Im Laufe des Romans kristalliert sich dann der Kampf um sauberes Trinkwasser als Thematik heraus, was eigentlich ein wirklich spannendes und vor allen Dingen wichtiges Thema ist. Dieses geht meiner Meinung nach aber fast völlig unter, da der Autor sich in seinen Figuren, Dialogen und Beschreibungen dermaßen verliert, dass auch dieses Thema mich letztendlich nicht fesseln konnte.

Im letzten Drittel des Buches wird es dann immer gewalttätiger und es wird eine Sexszene geschildert, die ich als äußerst abstoßend empfinde und wo ich spätestens hier die Lektüre normalerweise abgebrochen hätte. Warum diese Sexszene so im Detail geschildert wurde bzw. überhaupt stattfand, da sie für den Fortgang der Handlung eigentlich keinerlei Bedeutung hat - ich weiß es nicht.

Überhaupt gibt es in dem Buch eine Großzahl älterer Herren, die sich voll und ganz ihren Gelüsten hingeben und mit denen auffallend viele junge Damen (oder im Falle des bisexuellen Liebhabers auch junge Männer) Sex haben.

Vom angepriesenen Humor habe ich leider nichts gesehen oder er hat sich eben auf einer Ebene abgespielt, die ich nicht als lustig empfinden konnte. Anderen mag es vielleicht anders ergehen.

Insgesamt habe ich das Gefühl, dass der Autor wirklich viel weiß und in sich verschiedenen Bereichen gut auskennt. Doch dadurch verliert sich das Buch in Details bzw. Monologen und die eigentliche Handlung tritt zurück.

Ich musste mich wie gesagt wirklich durch dieses Buch kämpfen, es gibt aber selbstverständlich auch einige, wenn für mich auch enttäuschend wenige positive Aspekte: man erfährt doch einiges über die Geschichte, Landschaft und kulturellen Besonderheiten Patagoniens. Einzig und allein dieser Tatsache verdankt das Buch noch eine 2-Sterne-Bewertung von mir.

Fazit
Dieses Buch wird mir leider in schlechter Erinnerung bleiben und hat mir einige der schlechtesten bzw. abstoßendsten Lesemomente, die ich je hatte, verschafft.