Rezension

Afrikanische Flüchtlinge in Berlin

Gehen, ging, gegangen -

Gehen, ging, gegangen
von Jenny Erpenbeck

Bewertet mit 5 Sternen

Wer weiß schon, was ihn nach einem arbeitsreichen Leben im Ruhestand erwartet? Richard jedenfalls wird überrascht von der neuen Aufgabe, die sich ihm unerwartet aufdrängt: er lernt junge Afrikaner kennen, die auf ihrer Flucht in Berlin gestrandet sind. Es wird ihm zum Bedürfnis, sich näher mit ihnen zu beschäftigen. Dabei erfährt er unterschiedliche Lebensgeschichten, unterschiedliche Fluchtgründe und -geschichten.

„In Wahrheit wollen sie auf Arbeitssuche gehen, und sich ihr Leben selbst organisieren, so wie jeder der bei Kräften und Verstand ist.“ (Seite 102)

Jenny Erpenbeck (*1967 in Ostberlin) hat mit diesem Buch ein Thema aufgegriffen, von dem ich bisher nur wenig wusste. Bisher hatte ich mich nur mit den Fluchtgeschichten aus dem nahen Osten beschäftigt. Doch diese aus Afrika zu uns gekommenen Menschen haben auch kein leichteres Schicksal. Es geht auch bei ihnen um das blanke Überleben – wobei es noch schwieriger scheint, Asyl zu bekommen.

Während Richards Tagesablauf akribisch beschrieben wird, erfahren wir, was ihm die jungen Männer erzählen, wie sie sich verhalten, wie sehr sich ihre Welt von unserer unterscheidet. Dabei wird ihre unsichere Sicht auf die Zukunft deutlich, unter anderem durch die vielen Stolpersteine, die ihnen die Bürokratie in die Wege legt.

Ich war erstaunt über die Gastfreundschaft der Menschen, die nichts haben und beeindruckt von Richards Wandel, der sich vom Schreibtischtäter zum Beschützer und Mutmacher entwickelt. Gefallen hat mir auch Jenny Erpenbecks neutrale Schreibweise, die nicht urteilt, sondern nur Fakten nennt und so viele Emotionen auslöst.

Fazit: Ein Buch, dessen Lektüre Mitgefühl weckt.