Rezension

alles andere als 0815, aber faszinierend

Egal wohin - Franziska Moll

Egal wohin
von Franziska Moll

Bewertet mit 4 Sternen

Franziksa Moll konnte mich letztes Jahr ja mit ihrem Debüt "Was ich dich träumen lasse" begeistern, so dass ich sogar die goldene Leseente verliehen habe. Kein Wunder also, dass ich mich schon lange auf ihr neues Werk "Egal wohin" gefreut habe.
Jo zählt die Tage bis zu ihrem 18. Geburtstag, denn dann möchte sie mit Koch, ihrem Kumpel aus dem Biergarten, in dem sie kellnert, nach Kreta auswandern. Sie möchten ihr altes Leben zurücklassen und sich da mit einem eigenen kleinen Lokal einen Traum erfüllen.

Jo ist eine sehr schwierige Protagonistin. Klar hat sie viele Gründe, warum sie so ist, doch sie ist extrem kratzbürstig und stösst jeden vor den Kopf. Und nicht einmal nur Leute, die sich ihr nähern möchten sondern (vor allem) auch Männer, die sie sich gezielt 'auswählt' und ausnimmt oder blamiert. 

Koch spielt eine prägende Rolle in ihrem Leben. Er ist schon etwa 50 Jahre alt und nimmt sowas wie die Vaterrolle ein. Obwohl er nur ganz zu Beginn des Buches wirklich anwesend ist, ist er trotzdem die ganze Geschichte hindurch präsent, da Jo immer auf ihn wartet. Zudem streut sie immer mal wieder Lebensweisheiten von ihm ein, die richtige Perlen sind.

Doch dann kommt Koch einfach nicht mehr zur Arbeit und der unscheinbare Spüler Amir übernimmt nach und nach seine Rolle und so muss sich Jo mit ihm auseinandersetzen, macht sich mit ihm auf die Suche nach Koch und manchmal fahren sie einfach egal wohin.

So speziell und gewöhnungsbedürftig die Protagonistin ist, liest sich auch der Schreibstil. Die vielen kurzen, zum Teil regelrecht abgehackten Sätze spiegeln Jos Verhalten schön und üben schon nach kurzer Zeit eine enorme Faszination aus, der ich mich nicht mehr entziehen konnte.

Zwischen den einzelnen Kapiteln, die aus der ich-Perspektive von Jo erzählt werden, finden sich kurze, gedichtähnliche Sequenzen ohne Satzzeichen. In diesen Abschnitten erfahren wir recht verschlüsselt, was in Jos Vergangenheit passiert ist, was der Grund ist, warum sie regelmässig zum Therapeuten muss.

Je länger die Geschichte fortschreitet, je besser sie Amar kennenlernt, desto mehr macht sich Jo Gedanken, rückt etwas von ihren sturen Einstellungen ab und so vermag Franziska Moll mit dem Ende zu überraschen und bewegen. 

Fazit:
"Egal wohin" ist definitiv alles andere als 0815 und wird nicht nur Freunde finden. Doch mich konnte Franziska Molls Geschichte mit ihrer schwierigen Protagonistin und ihrem speziellen Schreibstil faszinieren und fesseln.