Rezension

Als sich der Krieg dem Ende neigte...

Das Wolfsmädchen -

Das Wolfsmädchen
von Christian Hardinghaus

Offiziell wurde der 2. Weltkrieg am 02. September 1945 für beendet erklärt. Ein herbeigesehntes Datum, welches aber für viele noch nicht der Aufbruch in ein neues und friedliches Leben bedeutete. In Ostpreußen überrollten die siegreichen russischen Soldaten die Städte und Ortschaften und hatten den Schrecken im Gepäck. Mordend und vergewaltigend fielen sie über die zurückgebliebenden Frauen und Kinder her und veranschaulichen wie ein Krieg den Menschen zu einer Bestie werden lassen kann. Eine nicht für möglich zu haltende Verrohung der Menschen begleitet vom Hass auf ihren Feind, der ihre Kameraden hat sterben lassen, führt zu schrecklichen Greueltaten, denen viele Überlebende des Krieges auch im Nachgang noch zum Opfer fallen.

Der Autor Christian Hardinghaus hat sich der Aufarbeitung der dunkelsten Stunde deutscher Geschichte verschrieben und berichtet über das ergreifende Schicksal der damals sehr jungen Ursula Dorn, die zum Ende des Krieges in Königsberg zu Hause und somit der Rache der russischen Soldaten ausgesetzt war. Schon in jungen Jahren auf sich selbst gestellt,muss sie sich gegen maßlose Gewalt, schreckliche Brutalitäten in ihrem engsten Umfeld und vor allem einen niemals endenden Hunger erwehren. Christian Hardinghaus erzählt ihre Geschichte in einer Mischung aus sehr gut recherchiert wirkenden historischen Fakten und den bewegenden Erinnerungen einer der letzten Zeitzeuginnen dieer Zeit. Die Geschehnisse werden auf diesem Wege deutlich erfahrbarer, was manchmal auch nur sehr schwer zu ertragen ist. Der Autor umschreibt dabei niemals irgendwelche grauenvolle Taten zur Effekthascherei, aber die damalige Zeit erzeugte ein solch menschenunwürdiges Verhalten, dass mir als Leser immer wieder der Atem stockte und ich das Buch zur Seite legen musste. Ein wirklich hareter aber sehr lohnenswerter Blick in die Vergangenheit, gerade in Anbetracht der aktuellen Kriegszenarien in der Ukraine.

Insgesamt ist "Das Wolfsmädchen" eine fesselnde und wirklich mehr als ergreifende Aufarbeitung der Nachkriegserlebnisse in Ostpreussen. Es ist aus meiner Sicht äußerst wichtig den noch wenig lebenden Zeitzeugen der damaligen Zeit eine Stimme zu geben, um gegen die Vergessenheit anzukämpfen und die Chance zu wahren, aus großen Fehlern zu lernen. Gerade das Schicksal der vielen sogenannten "Wolfskinder", die sich unter widrigsten Gegebenheiten durchkämpfen mussten, sollte Aufmerksamkeit geschenkt werden, was mit diesem aktuellen Werk von Christian Hardinghaus geschehen ist. Von mir erhält das Buch eine unbedingte Leseempfehlung und natürlich in der Bewertung die vollen fünf von fünf Sterne.