Rezension

Altern in Würde

Emily, allein - Stewart O'Nan

Emily, allein
von Stewart O'Nan

Bewertet mit 5 Sternen

Emily ist alt. Ihr Mann ist schon vor sieben Jahren gestorben, sie wohnt allein und freut sich, wenn die Kinder und Enkel nach aufwändigen Planungen zu Besuch kommen. Viele der früher befreundeten Nachbarn sind gestorben oder wohnen nun in einem Pflegeheim, und so hat sie nicht viel Kontakte. Regelmäßig sieht sie nur ihre Schwägerin, mit der sie nicht viele Interessen teilt und die Putzhilfe, die einmal wöchentlich kommt; auch ihr betagter Hund hält sie in Bewegung. Der Tag geht vorbei mit den Erledigungen für den Haushalt, Musikhören und Lesen; Ausflüge in eine Ausstellung oder zum Frühstücksbuffet zum halben Preis sind Höhepunkte. Besonders genießt sie die Gartenarbeit im Frühling und Sommer. Als sie sich überwindet, sich wieder ans Steuer eines Autos zu setzen und sich sogar einen modernen Kleinwagen kauft, wird ihr Radius größer. Neben diesen Aktivitäten nimmt die Erinnerung und die Reflektion ihrer Lebenserfahrungen viel Raum ein. Emily setzt sich mit dem Gedanken an den Tod auseinander, ordnet ihre Hinterlassenschaft und denkt über die Beziehung zu ihrer Mutter und ihrer Tochter nach. Ihr Tag und ihr Leben sind ausgefüllt.

Ein anrührendes Buch über das Alter. Emily ist sich sehr bewusst, dass ihr Ende naht, aber dennoch lässt sie sich nicht gehen. MIt Würde lebt sie ihre letzten Jahre. Struktur, Disziplin und Selbstreflexion sind ihr dabei eine große Hilfe. Von weitem mag sie wie eine schrullige, vereinsamte alte Schachtel wirken - der Autor bringt sie dem Leser näher und lässt Verständnis, Sympathie und Achtung vor ihr wachsen. Ein Buch voller Wärme und Menschlichkeit!