Rezension

Andere Länder, andere Sitten

Unverschleiert in Katar -

Unverschleiert in Katar
von Marianne Müller

Bewertet mit 5 Sternen

„...Etwas Neues, Großes, Aufregendes steht vor der Tür: In nur zwei Tagen wird er hier in Katar mit einem Freund seine eigene Firma registrieren...“

 

Der Prolog führt mich als Leser an das Ende der Geschichte. Die neue Firma wird es nie geben. An diesem Tag erfährt Matthias, dass er mit seiner Familie Katar für immer verlassen muss.

Die Autorin erzählt ein Stück Familiengeschichte. Vier Jahre haben sie in Katar gelebt, vier Jahre voller Höhen und Tiefen.

Der Schriftstil lässt sich gut lesen. Besonders gefällt mir, dass zwischendurch auch ihr Mann und ihre Kinder zu Wort kommen. Das ermöglicht einen anderen Blickwinkel auf das Geschehen.

Der Bericht wird mit vielen Fotos illustriert. Zu Beginn werden mit kurzen Steckbriefen die Familienmitglieder vorgestellt.

Gefangen im beruflichen Hamsterrad in Deutschland lernt Matthias in dem Autohaus, in dem er arbeitet, Herrn Malik kennen. Der Kunde stammt aus Katar. Ein Bekannter von ihm sucht einen Mitarbeiter für seine Autowerkstatt. Kurzerhand reisen Matthias und Marianne nach Katar., um die Verhältnisse kennen zu lernen.

 

„...Warten. Warten. Warten. Voller Spannung, Vorfreude, Angst, Ungewissheit. So sieht s dieser erste Tag aus...“

 

Diese Erfahrung sollten sie noch öfter machen. Nichts geht schnell. Alles braucht seine Zeit. Und wenn mal etwas schnell gehen muss, dann ist es in der Regel nichts Positives.

Sehr detailliert wird das Leben in Katar beschrieben. Vieles klingt angenehm. Nicht zu übersehen aber die Schattenseiten. Auffallend aber ist der Unterschied im Lebensniveau der Einheimischen und der Fremdarbeiter. Prunk und Reichtum treffen auf bitterste Armut. Anfangs war Matthias auf der Arbeit privilegiert, da er aus dem westlichen Kulturkreis kommt.

 

„...Das Haus ist, an deutschen Maßstäben gemessen, riesig. Wenn man zum Haupteingang eintritt, gelangt man in einen großen Wohnbereich. […] Unser neues Zuhause hat sechs Schlafzimmer, ebenso viele Bäder, eine Küche und ein Esszimmer...“

 

Die Miete bezahlt der Arbeitgeber – wenn er zahlt. Ausbleibende Miet- und Gehaltszahlungen sind ein immer wieder auftretendes Problem. Es gibt weitere Einschränkungen.

 

„...Als ausländische Fachkraft steht Matthias genauso wie alle fremdstaatlichen Arbeitnehmer unter „Sponsorship“: Das ist eine Art Bürgschaft. Der Mann, der Matthias angestellt hat, trägt für ihn und seine Familie die Verantwortung. Im Alltag heißt das, dass wir ohne seine Zustimmung nichts tun können….“

 

Die Familie schließt sich der christlichen Gemeinde an. Dabei gilt es zu beachten, dass eine Missionierung unter den Moslems verboten ist. Sie führen deshalb Veranstaltungen in den Unterkünften der asiatischen Arbeiter durch. Was sie dort sehen, grenzt an modernen Sklaventum. Doch die vielen Glaubenserlebnisse helfen ihnen, manch tiefes Tal zu durchschreiten.

Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Es ist ein ehrlicher Bericht, der auch die Schwierigkeiten und persönliche innere Kämpfe nicht verschweigt.