Rezension

Anfangs etwas schwierig, aber dann recht gut...

Einkehr - Tommie Goerz

Einkehr
von Tommie Goerz

Bewertet mit 4 Sternen

Die Geschichte:
Kommissar Behütuns hat einen Verdacht, eigentlich mehr ein vages Gefühl: er erahnt einen Zusammenhang zwischen einem aufgeklärten und einigen ungeklärten Morden an jungen Mädchen in der Nürnberger Gegend. Ohne Zustimmung seines Vorgesetzten beginnt er, in den alten Fällen zu wühlen. Er befragt Zeugen, deren Aussage bisher unbeachtet blieb und er erhofft sich aufschlussreiche Erkenntnisse durch Gespräche mit einem Psychologen.
Eines Tages erscheint eine Frau bei Kommissar Behütuns: sie hat eine mysteriöse Namensliste gefunden und behauptet, alle Personen, die dort vermerkt sind, würden sterben. Die Nachforschungen ergeben, dass tatsächlich schon einige Männer, die auf der Liste stehen, tot sind. Aber in allen Fällen waren es tragische Unfälle bzw. ein Selbstmord und ein Fremdverschulden konnte stets ausgeschlossen werden. Behütuns und seine Kollegen sind auch hier gezwungen, in alten Fällen zu stöbern und schon bald ergeben sich erste Spuren, die in ein Kloster führen.
Und über allem liegt eine erdrückende Schwüle, die Behütuns kräftig aufs Gemüt schlägt…

Meine Meinung:
Der Schreibstil ist wirklich außergewöhnlich und lässt sich kaum charakterisieren. Mal fast poetisch und ausschweifend, bildhaft und mit vielen Worten um das Wesentliche kreisend, ohne wirklich eine Aussage zu treffen. Dann wieder Schachtelsätze, die sich stellenweise über 7 Zeilen ziehen und die schwer verdaulich sind und ein zweites Mal gelesen werden wollen. Und dann das genaue Gegenteil: verknappte Sätze, manchmal nur zwei Wörter. Kurz, wie aus der Pistole geschossen… immer auf die jeweilige Situation abgestimmt.
Ich muss sagen, dass ich mich nicht erinnern kann, schon mal ein Buch mit einem so ungewöhnlichen Schreibstil gelesen zu haben. Tommie Goerz spielt mit den Worten, passt den Stil an die jeweiligen Szenen an, erzeugt Stimmungen.
Auch die titelgebende “Einkehr” zieht sich wie ein roter Faden durch das Buch, in vielen Situationen kann man sie finden, manchmal deutlich, manchmal eher subtil.
Es ist kein Buch, das man so nebenbei lesen kann, keine gänzlich leichte Kost. Viele Handlungsstränge und Personen verlangen besonders am Anfang des Buches die volle Aufmerksamkeit des Lesers.
Viele interessante psychologische Themen und gut platzierte Gesellschaftskritik bilden einen Großteil des Buches, atemlose Spannung und actionreiche Szenen sucht man dagegen eher vergebens. Es ist ein Kriminalroman der ruhigen, intelligenten Art, der durch ungewöhnliche Dialoge, interessante lebendige Charaktere und eine gut durchdachte Story überzeugt.
Wie man es von einem Regionalkrimi erwarten darf, steckt auch eine gelungene Portion Lokalkolorit und Dialekt in den Dialogen und die Schauplätze werden real und ausführlich beschrieben. Auch so mancher Geheimtipp in Sachen Kulinarik oder Tourismus findet sich auf den Seiten.

Fazit:
Dieser Krimi ist kein 08/15-Werk, sondern durchaus anspruchsvolle Literatur mit Tiefgang und ungewöhnlichen Ansätzen. Das Ende lässt Raum für Interpretationen und eigene Gedanken. Gute Unterhaltung für Fans von Krimis mit psychologischem Hintergrund.