Rezension

Das Wissen um die Wahrheit

Einkehr - Tommie Goerz

Einkehr
von Tommie Goerz

Bewertet mit 4.5 Sternen

Das Frankenland leidet unter frühsommerlicher Schwüle und auch Kommissar Behütuns fühlt eine innere Unruhe, die zu einem unaussprechlichen Verdacht führt. Was, wenn er Recht behält und ein Unschuldiger vor Jahren des Mordes bezichtigt wurde. Wer ist dann der wahre Mörder und was hat das mit dem Wetter zu tun? Dann taucht auch noch diese unscheinbare - nichtsige -  Frau auf und gibt vor, eine Todesliste gefunden zu haben. Die anfängliche Ignoranz der Kriminaler löst sich, als historische Schriften aus dem Jahr 1488 einen Zusammenhang zu den vermeintlichen Unfällen herstellen.

Tommie Goerz hat auch im fünften Fall für den fränkischen Kriminalkommissar Friedemann (Friedo) Behütuns einen ungewöhnlichen Fall inszeniert. Mit gewohnt spitzzüngigem, meisterhaft ausgearbeiteten Schreibstil wird der Leser durch ein Labyrinth aus kriminalistischen Fakten und historischen Informationen geführt.

Durch unterschiedliche Schreibstile erlebt man Behütuns mentalen Zustand hautnah. Er ist ungeduldig, sprunghaft, verkrampft, kränkelnd oder in Anwesenheit seiner französischen Freundin Julie, zurückhaltend und unentschlossen.
Dann denkt er wieder ausufernd, lang und abwesend über Vergangenes nach:

"In sich gewandt war sie die Straße entlanggegangen auf dem Gehsteig, ihm entgegen, er hatte im Auto gesessen, an einer Ampel gewartet. Da fing sie plötzlich an zu springen, ansatzlos, unfassbar leicht, wie schwerelos, klatschte die Hände über dem Kopf zusammen, lachte fröhlich, sang einen Vers, sang einfach das, was sie gedacht hatte, und hüpfte dann - 'Zwischenhupfer' - hatten sie das früher genannt, war ihm da eingefallen - den Gehsteig entlang, tief in der eigenen Welt."

Untermalt wird die Story durch das fränkische Lokalkolorit. Zeugenbefragungen werden für den ungeübten Dialektkenner zum Erlebnis. Man kommt so richtig aufs G'schmäggle.

Als einziger kleiner Kritikpunkt ist mir der Ausflug in die Psychologie ein wenig zu lang ausgefallen. Zwar ist das Wissen zum Thema Vergessen höchst interessant geschildert und wichtig für die Handlung, doch habe ich mich beim Lesen immer mehr von der Story gelöst.

Fazit:
Ein äußerst gelungener anspruchsvoller Krimi, der den Leser fordert.