Rezension

Asyl in Theorie und Praxis

Ohrfeige
von Abbas Khider

Bewertet mit 4 Sternen

Wie ergeht es Asylbewerbern in Deutschland? Eigentlich hat man davon kaum eine Vorstellung. Karim erzählt es uns. Er kommt aus dem Irak und wollte eigentlich nur studieren, allerdings hatte ihn das Saddam-Regime für den Militärdienst vorgesehen, weshalb er nach Paris zu seinem Onkel wollte. Seine Reise endet, als ihn der Schlepper einfach in Bayern absetzt und damit beginnt Karims hoffnungsloser Kampf um einen Platz in der Welt.
2001 beantragt er in Deutschland Asyl, weil er nicht nach Frankreich weiterreisen darf. 2003 wird er ausgewiesen. Dazwischen liegen drei verlorene, frustrierende Jahre über die er hier mit beißender Ironie berichtet.

Es ist der ganz normale Asylanten-Wahnsinn, bevor der aktuelle Flüchtlings-Irrsinn begann. Ein wenig tut man sich schwer, sich darauf einzulassen, wenn man die augenblickliche Flüchtlingssituation vor Augen hat, die wohl die damaligen Verhältnisse noch deutlich toppt. Trotzdem ist es eindrucksvoll zu lesen, wie Menschen im Paragraphendschungel deutscher Gesetze untergehen können.
Es dauert fast ein Jahr lang, bis Karim eine Aufenthaltsgenehmigung bekommt. Einen Deutschkurs bezahlt ihm das Sozialamt erst, wenn er ein Jahr lang in Deutschland gearbeitet hat, allerdings hat er keine Arbeitserlaubnis. Eigentlich darf er nur mit den anderen Asylbewerbern im Obdachlosenheim die Zeit totschlagen und auf den Bescheid warten, der sein Leben bestimmen wird.
Hier werden Menschen in die Illegalität getrieben, weil sie keine legalen Chancen bekommen, sie werden separiert und herumgereicht, bis man sie wieder abschieben kann. 

Dieses Buch ist eine Rede an Frau Schulz, Karims Sachbearbeiterin in der Ausländerbehörde, der er voller Wut und Enttäuschung erzählt, was er noch niemandem erzählt hat: Die ganze Wahrheit. Und obwohl seine Geschichte traurig und frustrierend ist, liest es sich fast unterhaltsam, wie er voller Galgenhumor von skurrilen Gestalten und gescheiterten Existenzen berichtet.
Es öffnet einem ein wenig die Augen und lässt einen betroffen zurück.