Rezension

Auf der Insel der Puppen

INSEL DER PUPPEN (Die beängstigendsten Orte der Welt 4) -

INSEL DER PUPPEN (Die beängstigendsten Orte der Welt 4)
von Jeremy Bates

Bewertet mit 5 Sternen

Eine Gruppe von losen Freunden wagt sich auf die „Isla de las Muñecas“. Eine berüchtigt-berühmte Insel voller Puppe, um die sich eine Gänsehaut bescherende Geschichte rankt. Vor Ort angekommen, stoßen die auf eine durchaus reale Gefahr und verbringen die beängstigendste Nacht ihres Lebens, bis Rettung naht.

Jeremy Bates Reihe um die beängstigendsten Orte der Welt hat sich mit diesem Teil nach Mexiko, auf die berüchtigte Insel der Puppen gewagt.

Zuvor hatte ich nicht von diesem Ort gehört, aber nach der Lektüre und einigen Online-Recherchen meinerseits, steht außer Frage, dass die „Isla de las Muñecas“ der Wirklichkeit entspringt.

Bates hat sich hierzu sehr nah an der Realität gehalten und die Sage um die Insel als Ausgangspunkt für seinen Horror-Thriller gewählt. Abseits von der Handlung bietet die Kulisse für sich genommen ausreichend Gruselpotential: Überall befinden sich Puppen, egal wohin das Auge blickt. Sie hängen in den Bäumen, sind dazwischen auf Leinen aneinandergereiht, stapeln sich in großen Haufen oder liegen in Einzelteilen im Dschungel verstreut.

Dabei handelt es sich nicht um hübsch aufgeputztes Spielzeug, sondern um verwitterte sowie verschmutzte Köpfe, Arme, Beine oder brutal anmutenden Rümpfe. Ein schauderhafter Anblick, nicht nur für den:die geneigte:n Puppen-Freund:in.

Die Handlung ist simpel aufgebaut, wovon sie allerdings enorm profitiert. Eine Gruppe loser Freunde begibt sich auf Lokalaugenschein, weil eine Dokumentation über diesen beängstigenden Ort gedreht werden soll. Doch der ursprüngliche Plan geht nicht auf, weil sie nicht nur über Puppen, sondern über Leichen stolpern und daraufhin massiv verunsichert sind.

Es folgt eine Nacht voller Angst, gegenseitiger Beschuldigungen, Misstrauen und perfekt eingefangener Gruselatmosphäre, die souverän den Spagat zwischen Wirklichkeit und Paranoia schafft.

Zudem gibt es Rückblenden auf die 1950er-Jahre, wo das Elend einst seinen Anfang nahm. Sogar der Blick in die Vergangenheit wühlt auf, lässt einen hart schlucken und vermittelt eine erste Ahnung, wie das schaurige Puppenspiel später auf die Insel kam.

Diesmal hat mir der Autor tatsächlich einige Gruselmomente beschert, obwohl ich zu Beginn der Geschichte gar nicht so überzeugt war. Mein erster Eindruck war - weil ich von „Die Katakomben“ in Paris etwas enttäuscht gewesen bin - dass er das Geschehen auf der Insel nach dem bisherigen Schema beschreibt. Hinzu kam, dass mir anfangs das Gefühl für den Ort fehlte und es nur spärliche Beschreibungen gab. Doch nach und nach nahmen Insel sowie die Konstellation innerhalb der Gruppe beängstigende Formen an, was sich zu einer lesenswerten Geschichte spann.

Besonders im letzten Viertel habe ich mich ordentlich gegruselt und hatte schon Angst, die Augen zu schließen, weil ich sofort eine marode Puppe vor mir sah.

Damit zeigt Jeremy Bates neben einem weiteren realen und beängstigenden Ort, ein anderes Horror-Element im Repertoire, und ich bin gespannt, welche Fähigkeiten der Autor in seinen nächsten Werken zeigt.

„Puppen sind unbelebte Objekte, aber weil sie wie wir aussehen, erscheinen sie lebendig - und wenn etwas, das nicht am Leben ist, zu lebendig erscheint, verwandelt sich seine Vertrautheit in Unvertrautheit, unser Gehirn lehnt es als unnatürlich ab (...)“ (S. 67, eBook)

Das Ende ist auf typisch amerikanische Weise etwas gefühlsbetont geraten, was ich aber nach einer Nacht zwischen Horror-Puppen nicht nur verkraftet, sondern sogar gebraucht habe.

Mein Ausflug auf die „Isla de las Muñecas“ hat sich als aufwühlender Horror-Spaß in Mexiko-Stadt entpuppt, an dem bestimmt auch anderen Leser und Leserinnen Gefallen finden werden.

Die beängstigendsten Orte der Welt:
1) Suicide Forest
2) Die Katakomben
3) Helltown
4) Insel der Puppen