Rezension

Auf der Suche nach dem Paradies...

Fast am Ende der Welt -

Fast am Ende der Welt
von Bernd Schroeder

Bewertet mit 4 Sternen

Ein leiser Roman um eine Männerfreundschaft und späte Lebensträume - unterhaltsam, lakonisch und doch an den richtigen Stellen emotional...

Zwei Männer, ein Traum: Zwischen dem eigenbrötlerischen Josef und Attila, dem gefallenen Liebling der Münchner Schickeria, liegen Welten. Und doch eint sie die Sehnsucht nach dem Ausstieg aus dem großstädtischen Trott, nach einem autarken Leben irgendwo im Nirgendwo auf dem bayerischen Land. Bernd Schroeder erzählt von zwei fast zufälligen Weggefährten, die ihr Paradies auf einem halbverfallenen Aussiedlerhof suchen – und streift dabei federleicht die großen Themen der Menschheit: Freundschaft, Familie, Liebe, Alter und Tod. (Klappentext)

Nachdem er 14jährig bei Eisen-Knapp in die Lehre ging, arbeitete Josef Peukert 50 Jahre lang als zuverlässiger Verkäufer in dem Münchner Fachmarkt. Nun ist er berentet und bar jeder Aufgabe und Familie reich an Freizeit. Er streift durch die Stadt und die Umgebung, das Brauhaus ist ein häufiges Ziel, doch eigentlich hat er einen Traum. 

 

"Und er träumt davon, ganz allein ein Stück Land urbar zu machen, irgendwo, fast am Ende der Welt (...). Von einem einfachen Häuschen träumt er, vielleicht am Waldrand (...) Mit eigener Hände Kraft wird er etwas schaffen, um nach getaner Tagesmüh in seinem Garten zu sitzen, der Natur zu lauschen und am Abend richtig müde zu sein. Müde und glücklich und von Stille umgeben." (S. 30)

 

Ins Brauhaus geht auch Attila Bauer, Mitte 50, der schon viel erlebt hat in seinem Leben. Ihm ist es gelungen, Teil der Münchner Schickeria zu werden, doch seit einiger Zeit zieht er sich daraus zurück. Er ist auf der Suche nach einem neuen Betätigungsfeld - und einen Traum hat auch er. Im Grunde denselben Traum wie Josef. Und wie es der Zufall will, sitzen die beiden so unterschiedlichen Männer eines Tages nebeneinander im Brauhaus und kommen ins Gespräch. 

Die Offenbarung des gemeinsamen Traumes forciert die Freundschaft zwischen den beiden, und Attila beschließt schließlich, den Worten endlich Taten folgen zu lassen. Er und Josef schauen sich im bayrischen Umland viele Grundstücke an, doch immer passt etwas nicht. Bis sie es finden: das Paradies...

Bernd Schroeder erzählt in distanziert-lakonischem Stil über die Freundschaft zwischen den beiden so unterschiedlichen Männern. Der pflichtbewusste Josef, der über seine Diszipliniertheit irgendwie vergessen hat wirklich zu leben, und der lebensfrohe, stets umtriebige Attila, der immer nach Veränderungen sucht und neugierig bleibt auf das, was das Leben noch zu bieten hat. Der eine, der das Leben eher vom Rand her beobachtet, der andere, der niemals zögert, mit beiden Händen zuzugreifen und mitten hinein zu springen. Kann das gutgehen?

Mir hat der leise Roman um die ungewöhntliche Männerfreundschaft und die späten Lebensträume gut gefallen. Immer wieder kommt es zu unerwarteten Ereignissen, und trotz der lakonischen Leichtigkeit des Romans wird es an den richtigen Stellen doch auch emotional. Und eine leise Spannung bleibt die ganze Zeit über bestehen: wird das Paradies zu halten sein?

Die Liebe zur "bayrischen Seele" durchzieht den Roman wie ein roter Faden. Das empfand ich - vom Niederrhein kommend - aber nicht als aufdringlich oder überdimensioniert, ich konnte im Gegenteil teilweise etwas belustigt das Gebaren der Charaketere beobachten. Mit bayrischen Ausdrücken wird man hier glücklicherweise auch nicht überfrachtet, ansonsten hätte ich wohl ein Glossar im Anhang gebraucht... ;) 

Alles in allem ein schöner, leicht zu lesender Roman, der mir einige unterhaltsame Stunden beschert hat. Und mich mit der Frage zurücklässt: was ist eigentlich mit meinen eigenen Lebensträumen?

 

© Parden