Rezension

Auf der Suche nach den eigenen Wurzeln

Auf der Straße heißen wir anders -

Auf der Straße heißen wir anders
von Laura Cwiertnia

Bewertet mit 4 Sternen

Was bedeutet Heimat? Was macht eine Identität zwischen den Kulturen aus? Wie wird Zugehörigkeit in Familien mit Migrationshintergrund erlebt? All dies sind hochaktuelle Fragen in einer Zeit, die durch wiederkehrende große Migrationsbewegungen gekennzeichnet ist. Laura Cwiertnia greift diese Fragen in ihrem Debutroman "Auf der Straße heißen wir anders" auf. 

Ausgangspunkt des Geschehens ist der Tod von Großmutter Maryam. Sie hinterlässt ihrer Familie ganz konkrete Anweisungen, was zu tun ist und wie ihre letzten Wünsche aussehen. Dazu zählt der Hinweis auf ein Armband, das Lilit zugedacht ist. Wer Litlit ist, bleibt zunächst offen, aber es ist klar, dass die Spurensuche nach Armenien führt. Es gelingt Karla, ihren Vater zur Reise nach Armenien zu überreden, um den Auftrag in die Tat umzusetzen...

In der Geschichte geht es um die Frage der Identität und die Bedeutung von Heimat. In Rückblicken erfahren wir zum Beispiel, wie Karlotta unter der mangelnden klaren Zugehörigkeit gelitten hat. Karla hat deutsche und armenische Kultureinflüsse. Ihre aus Armenien stammende Großmutter kam damals als Gastarbeiterin nach Deutschland, während der Großvater in Istanbul blieb. Der Vater Avi wurde auf ein klösterliches Internat in Jerusalem geschickt. So sehr alle durch unterschiedliche Kultureinflüsse auch geprägt wurden, war es doch nie ein explizites Thema in der Familie. Und so bietet der Tod ihrer Großmutter verbunden mit dem Hinweis auf Lilit Karla die Chance, die Familiengeschichte aufzuarbeiten. Es scheint als würde diese Prozess der Identitätsentwicklung im Buch symbolisch abgebildet durch die Verwendung unterschiedlicher Namen: Karlotta ist das Mädchen, das in Bremen-Nord aufwuchs, Karla hingegen die junge Frau, die sich der Suche nach den Wurzeln stellt. 

Die Geschichte hat mich sehr in den Bann gezogen und sagte mir auch in sprachlicher Hinsicht sehr zu. Der Umgang mit den Themen Heimat und Identität erscheint mit sehr authentisch und passend. Gut gefallen hat mir insbesondere auch, dass der Leser viel lernt über den Konflikt zwischen Armenien und der Türkei. Insgesamt empfehle ich das Buch gerne weiter und freue mich auf weitere Werke aus der Feder der Autorin.