Rezension

Aufarbeitung der Vergangenheit - Ankommen in der Gegenwart

Wir sehen uns zu Hause -

Wir sehen uns zu Hause
von Christiane Wünsche

Bewertet mit 4 Sternen

Anne und Peter wollen mit ihrem alten Wohnmobil Willi eine achtmonatige Rundreise durch Skandinavien machen. Peter ist bereits in Rente und die zehn Jahre jüngere Anne hat sich dafür ein Sabbatjahr genommen. Doch plötzlich stirbt Peter an einem Herzinfarkt und sie findet in Peters Sachen eine betagte Kiste mit alten Fotos. Trotz allem tritt sie die geplante Reise an und entscheidet sich spontan den Fotos auf den Grund zu gehen. So wird es ein Roadtrip in Peters Vergangenheit und seine ostdeutsche Geschichte.

Der Schreibstil war, wie ich ihn von der Autorin gewohnt bin, sehr angenehm flüssig und der Wechsel zwischen den einzelnen Charakteren hat mir sehr gut gefallen. Die Kapitel haben teilweise mit einem Cliffhanger geendet, so konnte die Spannung auf einem guten mittleren Niveau gehalten werden. Leider hat mich an der Protagonistin Anne ihre Unwissenheit gestört. Wie kann man sogar als Lehrerin so wenig geschichtlichen Background bezüglich der DDR-Vergangenheit haben. Das macht den Charakter für mich leider nicht ganz authentisch. Ronny und sein Trauma wurden sehr gut beschrieben und auch Alinas Charakter wurde sehr authentisch dargestellt, ihre Trauer, ihre Sorgen um sich selbst und um ihre Mutter. Alle Menschen, denen Anne auf ihrer Reise begegnet ist, waren empathisch und konnten ihr helfen, die Puzzleteile zu Peters Vergangenheit zusammenzusetzen. Ich persönlich habe den Mechaniker Chris ins Herz geschlossen.

Dies war auch eine tolle literaische Reise durch Mecklenburg-Vorpommern und ganz besonders Rügen, welches ich sehr mag. Thüringen wäre natürlich auch noch mal eine Reise wert. Es ist ein schöner Roman um Trauer, Aufarbeitung und Selbsterkenntnis. Auf jeden Fall habe ich jetzt noch mehr Lust bekommen, mit dem Wohnmobil zu verreisen. Eine ansprechende, kurzweilige Urlaubslektüre zu der ich gern meine Leseempfehlung gebe.