Rezension

Aus dem Leben gegriffen

Das Jahr des Rehs - Ursula Kollritsch, Stephanie Jana

Das Jahr des Rehs
von Ursula Kollritsch Stephanie Jana

Bewertet mit 4 Sternen

Zwei Frauen, ein Jahr und viele E-Mails: 17 Jahre lang haben die ehemals besten Freundinnen Bella und Bine nichts voneinander gehört. Bella lebt als freie Journalistin mit ihrem Sohn in Berlin, Bine ist Architektin und samt Mann und Kindern in der hessischen Heimat geblieben. Kurz vor Bines 40. Geburtstag nimmt sich Bella ein Herz und sendet eine Mail an ihre Jugendfreundin. Und Bine antwortet. Sofort ist die alte Vertrautheit wieder da. Über ein Jahr begleitet der Leser nun den E-Mail-Verkehr zwischen den beiden Frauen. Sie berichten sich von ihrem Alltag, ihren Problemen und Ängsten, aber auch von schönen Erlebnissen. Sie durchstehen gemeinsam Höhen und Tiefen, lachen und weinen zusammen.

Mir hat dieser E-Mail-Roman ziemlich gut gefallen. Obwohl es in den Mails doch recht viel um alltägliches geht und hauptsächlich typische Probleme von Frauen in der Midlife-Crisis angesprochen werden, konnte ich das Buch kaum aus der Hand legen. Zu sehr haben mich die beiden sympathischen und charismatischen Protagonistinnen gefangen genommen. Und auch der wirklich ansprechende, poetische und flüssige Schreibstil haben dazu beigetragen, dass ich mich kaum von dem Buch lösen konnte. Die Handlung war an sich ganz gut, allerdings hat mir da aber ein bisschen der letzte Funke gefehlt. Etwas mehr Abwechslung im Geschehen wäre vielleicht gut gewesen, gerade zum Schluss tritt die Geschichte dann doch ein bisschen auf der Stelle.

Richtig toll finde ich übrigens die Entstehungsgeschichte des Romans, die man im Anhang erfährt: So sind die beiden Autorinnen Stephanie Jana und Ursula Kollritsch tatsächlich ein Jahr lang in die Rollen der Freundinnen Bine und Bella geschlüpft und haben sich aus deren Perspektive E-Mails geschrieben. Und zwar ohne dass sie die Erlebnisse vorher abgesprochen haben. So entstand die Handlung sozusagen improvisiert. Ein Experiment, das meiner Meinung nach in der Summe auf jeden Fall geglückt ist. Herausgekommen ist ein gefühlvoller Briefroman – ehrlich, traurig, lustig, aus dem Leben gegriffen.