Rezension

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Bist du bereit für eine ehrliche Rezension?

Truth - Bist du bereit für die Wahrheit? -

Truth - Bist du bereit für die Wahrheit?
von Margje Woodrow

TW: Psychische Erkrankungen, Medikamentenmissbrauch, psychische und physische Gewalt 

SPOILERWARNUNG!

Da es ein paar Dinge gibt, die ich aufzählen muss, um meine Meinung und Gründe unterstreichen zu können, muss ich etwas weiter ausholen. Daher gibt es die Spoilerwarnung.

„Truth – Bist du bereit für die Wahrheit?", ist eines der Bücher, die man zwischendurch gut mal weglesen kann. So ist es auch mir gelungen, das Buch binnen weniger Tage auszulesen. 

Die Geschichte dreht sich um Jule, die ihren Bruder Milan bei einem Autounfall verloren hat. Er war Youtuber und hat verschiedene Dares abgedreht, die teilweise sehr riskant waren. Doch seit seinem Tod ist nichts mehr, wie es war und auch Juul stellt sich zwischendurch die Frage, ob der Unfall nicht doch absichtlich herbeigeführt wurde. 

Als wäre es ein Wink des Schicksals, meldet sich jemand Anonymes und stellt ihre Welt gehörig auf den Kopf. Fortan muss sie einige und wirklich heftige und krasse Dares machen. Das Schlimme ist, dass der Anonyme davon ein Beweisvideo haben will. Nicht nur, dass sie ihren Chemielehrer unter Drogen setzen soll, nein – es soll auch einer der Schüler dran glauben müssen und das Abscheulichste an der ganzen Sache ist: Er soll in einen Leichensack gesteckt werden. Ich dachte, ich lese nicht richtig. Kommen wir nun zu dem, was mich massiv gestört hat.

Das Buch ist ab 14 Jahren und wenn ich an meine Zeit zurückdenke, hat mir selbst Chucky die Mörderpuppe noch Albträume beschert. Ich finde, dass man mit zarten vierzehn Jahren, und ich kann mich auch täuschen, daher spreche ich nur von mir persönlich, es zu früh und gleichzeitig zu scary finde, Menschen in diesem Alter mit so etwas Skurrilem zu konfrontieren. Nicht umsonst haben viele Filme eine Altersbeschränkung und das meist zu Recht. Bei Büchern wird das natürlich schwieriger und gerade beim ONE Verlag erwartet man so etwas eigentlich weniger. Allein das mit dem Leichensack finde ich da schon zu viel. Was aber noch viel schlimmer und gewagter ist, ist keine Triggerwarnung zu schreiben. Ich weiß, viele meinen, es nimmt die Geschichte voraus und der Klappentext sagt doch aus, worum es geht. Ich sage „Nein“. Wörter wie „Gewalt“ oder „Missbrauch“ nehmen die Geschichte nicht vorweg. Sie zeigen lediglich auf, was darin vorkommt und niemand kennt bis dato den Zusammenhang. Wichtig ist, dass man sich schützt, aber ebenso auch andere Menschen, die psychische Erkrankungen haben und durch so etwas getriggert werden können. Mag kleinlich klingen, aber ich finde es sehr wichtig und halte es in meinen Büchern genauso. Nun aber zu dem Grund, weshalb ich die Triggerwarnung gut und wichtig gefunden hätte. 

Grund hierfür ist, dass die Protagonistin ihren Lehrer außer Gefecht setzen soll, und greift hierfür zu den Schlaftabletten ihrer Mutter. Diese vermengen ihre Freundin und sie in einem Gebäckteig. Und was macht ihre Freundin dann? Sie schleckt den Löffel ab, woraufhin Juul nur meint, dass in dem Teig doch das Schlafmittel drinnen sei. Alles, was diese aber antwortet, ist, dass sie heute Nacht dann gut schlafen könne. Oder aber sie will schnell nachsetzen, als das Schlafmittel beim Lehrer nicht allzu schnell wirkt. Dafür finde ich keine Worte. Leider gibt es genug Jugendliche, die gar keine Hemmungen haben dies auszuprobieren, aber hier wird suggeriert, dass es doch gar nicht so schlimm ist, wenn man Schlaftabletten zu sich nimmt und ob man nun den Löffel einmal abschleckt oder einfach noch mehr nachnimmt, weil es ja nicht so wirkt, wie es soll. Das macht kaum bis keinen Unterschied. Mich hat das sprachlos gemacht. Vor allem weil das einfach so stehengelassen wird. Nicht einmal ein Nachwort gibt es, was nochma explizit auf das Thema eingeht. Warum nicht?

Nicht nur die Storyline an sich, sondern dass man vor so einem Inhalt nicht minimal gewarnt wird. Das mit dem Leichensack kam erst viel später und ich war schockiert. Es ist einfach nichts für zarte Gemüter und schon gar nicht für Jugendliche in dem Alter. Mir ist bewusst, dass wenn ich zu einem Thriller oder Krimi greife, dass dort eben diese Themen vorkommen könnten und es manchmal auch makaber und blutig wird. Keine Frage. Das weiß ich. Ich setze das aber bestimmt nicht meinem Kind vor, eben weil ich der Meinung bin, dass es das noch gar nicht verarbeiten kann. Und von daher fand ich das schon grenzwertig, dass gerade der ONE Verlag, den ich für seine Bücher eigentlich sehr schätze, ohne Rücksicht auf Verluste das Buch übersetzt und veröffentlicht. Ohne die Altersgrenze höher zu setzen oder eine Triggerwarnung zu setzen. 

Sobald die Geschichte Fahrt aufnimmt, gibt es kein dann aber kein Halten mehr. Dare um Dare gehen Juul und ihre Freundin nach und geraten so in die Arme des Anonymen - des Täters. Ab der Hälfte geht gefühlt alles sehr schnell und dann kommt der Showdown. Bis dahin ist die Spannung sehr hochtrabend und aufreiben. Man bekommt ein Bild von dem Täter. Warum diese Dares? Welche Verbindung hat er zu Juuls Bruder Milan gehabt? Die Fragen, die während der gesamten Story aufkommen, werden beantwortet. 

Im Großen und Ganzen eine gute und stabile Geschichte, die man zwischendurch lesen kann, sich aber auf etwas gefasst machen muss, gerade wenn man doch zartbesaiteter ist.