Rezension

Bitte mehr davon

Wohin die Dinge gehen
von Betty Anders

Bewertet mit 5 Sternen

Das Buch war für mich wirklich eine Überraschung. Ich wollte schon länger mal wieder einen  Vampirroman lesen und die Beschreibung zu diesem Buch klang für mich sehr verlockend. Wohin die Dinge gehen erzählt eine Geschichte über das Anderssein, den Tod, die Liebe und das Erwachsenwerden. Es ist eine schöne Mischung, die perfekt zum Mythos Vampire passt. Die folgenden Abschnitte klingen vielleicht etwas zu kritisch für die volle Punktzahl, aber trotzdem war es für mich reinster Lesegenuss und deswegen sind sie m.A. verdient.
Die ersten 50 Seiten war ich noch etwas skeptisch. Die Geschichte konnte mich nicht so richtig packen und es passierte für mich viel zu wenig. Auch Selma, der Hauptcharakter, war für mich nicht sofort greifbar. Aber als ich diesen Punkt überschritten hatte, war es wie ein Sog, dem ich nicht widerstehen konnte. Vielleicht lag es auch daran, dass ab da der Vampir auftauchte und alles umso spannender wurde.

Selma ist für ihre 16 Jahre schon sehr reif. Anfangs vielleicht noch nicht, aber ich kenn das Gefühl auf etwas zu warten, dass mich von mir selbst befreit, aus meinem inneren Käfig holt, in den ich mich selbst verkrochen habe, und bei Selma ist dieses Etwas in Form von Viktor aufgetreten. Ich hab mir oft gewünscht, dass Selma schon etwas älter ist, dann hätte ich mich mit dem Ganzen vielleicht noch etwas besser anfreunden können. Die Geschichte passt nicht ganz zu einer 16-jährigen und Selma verhält sich auch nicht so. Für die Geschichte war es aber notwendig, dass sie minderjährig ist und somit noch unter der Kontrolle der Eltern steht.

Viktor ist der perfekte unperfekte Vampir. Dass er sich aber mit seinen 200 Jahren Lebenserfahung auf dem Buckel in eine 16-jährige verliebt, fand ich ein bisschen merkwürdig. Aber ich hab mich einfach der romantischen Vorstellung hingegeben und die Liebe der beiden auf mich wirken lassen. Für mich war Viktor dann keine 200 Jahre sondern einfach nur ein bisschen älter als Selma.
Aus den Nebencharaktere, vor allem Selmas Freunde, wurde ich anfangs nicht ganz schlau, irgendwie waren sie für mich nicht ganz rund, aber sie spielen mit der Zeit immer weniger eine große Rolle.

Auch der Schreibstil war anfangs etwas befremdlich. Es wird aus der dritten Person erzählt. Eine ich-Perspektive wäre vielleicht besser gewesen, weil irgendwie wurde mir Selma zu oft als "sie" beschrieben und an Stellen, wo ihr Name vielleicht besser in den Satzbau gepasst hätte, lies mich das öfters im Lesen stocken. Ich hab mich aber daran gewöhnt, oder es wird mit der Zeit einfach besser. 

Es ist ehrlich gesagt, von der Handlung her, eher ein Buch für Erwachsene. Den unreflektierten Umgang mit Drogen auf Jugendliche loszulassen, würde ich nämlich ein bisschen kritisieren. Es gibt explizite Sexszenen und auch einiges an Gewalt. Es ist keine typische Liebesgeschichte, sondern geht viel weiter. Aber gerade das hat mir auch besonders gefallen. Die Handlung hat mich überrascht und atemlos zurückgelassen. Natürlich werden auch einige Vampirklischees verwendet, aber irgendwie gehört das auch dazu. Auch aufgefallen ist mir, dass das Thema Verhütung mit keinem Wort erwähnt wird. Aber vielleicht nimmt man einfach an, dass Vampire sowieso keine Kinder zeugen können.

 

Fazit

Dieses Buch ist für mich eine positive Überraschung. War es am Anfang noch etwas enttäuschend, wurde ich vom Rest aber voll umgehauen und konnte nicht genug bekommen. Eher ein Buch für erwachsene Leser, die für die behandelten Themen und die Handlung schon selbst genug Lebenserfahrung und Selbstbewusstsein mitbringen. Das Buch ist nämlich selbst sehr selbstbewusst.