Rezension

Blumberg, Olaf - Ficken sag´ ich selten. Mein Leben mit Tourette.

Ficken sag ich selten - Olaf Blumberg

Ficken sag ich selten
von Olaf Blumberg

Bewertet mit 5 Sternen

Kurzbeschreibung:
(Quelle: Buchcover/Verlag)
Wie wäre es, den Chef hemmungslos zu beschimpfen? Eine fremde Frau direkt zum Sex aufzufordern? Fensterscheiben abzulecken? Sich selbst zu verletzen? Olaf Blumberg weiß, wie das ist. Er hat Tourette. Olaf Blumberg flucht, bellt, zuckt unwillkürlich, unkontrolliert, und das meistens in den unpassendsten Situationen – in der Bahn, in der Uni, in der Kirche, bei der neuen Freundin. Als die Krankheit Olaf mit Anfang 20 voll erwischt, ist er verzweifelt. Er muss sein Sportstudium abbrechen, denn wer will schon einen krass fluchenden Lehrer? Viele Freunde wenden sich von ihm ab. Er muss sein Leben neu erfinden. Aber Tourette hat auch sein Gutes: Olaf ist inzwischen gnadenlos ehrlich – zu sich und zu anderen. In diesem Buch erzählt er, wie er gelernt hat, mit dem Dämon Tourette zu leben, wie es ist, wenn man ständig Dinge tut oder sagt, die „normale“ Menschen nur denken. Ein tragikomisches, anrührendes Buch über ein Leben mit einer unberechenbaren Krankheit.

Meine Meinung:

Die Geschichte von Olaf Blumberg hatte mich von der ersten Seite an fasziniert. Voller Interesse verfolgte ich die Handlung des Romans. Authentisch, ehrlich und lebhaft beschreibt Olaf seine Erfahrungen mit der Erkrankung. In einer lebensnahen, bildhaften Sprache, so dass der Leser nicht umhin kommt: Kopfkino vor dem inneren Auge zu haben.

Seine erste Erlebnisse mit dem Tourette, Ausbruch der Tics und Zwänge... Ich habe mitgefiebert wie bei einem Actionthriller. Man konnte die Gefühle und Empfindungen des Autors als Leser sehr gut nachvollziehen: seine Panik, die er beim Ausbruch der Erkrankung erlebt hat, seine Ängste und Unsicherheit...

Es passiert was Unerklärliches mit einem, und das was geschieht, ist von so einer unbändigen Kraft, dass es unmöglich ist dies zu unterdrücken. Ignorieren kann man Tourette auch wohl kaum, den "es" macht sich laut bemerkbar. Olaf war auf einmal mit den Tics konfrontiert, und das nicht auf die sanfte Tour, sondern auf einen Schlag und mit aller Wucht...

Jegliche Versuche die Tics zu unterdrücken scheiterten, oder hatten nur mäßigen Erfolg, und das auch nur bis zu einem gewissen Grad. Früher oder später mussten diese raus, und dann noch stärker, noch ausgeprägter, noch lauter...

Anschaulich erzählt Olaf von seine Krankheit, von der Entwicklungsstationen, die er während der Zeit durchlaufen hat: von Resignation und Rückzug, über Therapieversuche, Wut, Enttäuschung, Trauer bis hin zu Akzeptanz und dem Leben, das er jetzt führt.

Ich war restlos überzeugt von dem Roman, mit Spannung und Interesse habe ich die Geschichte von Olaf verfolgt. Sein Erzählstil war genau nach meinem Geschmack, lebendig, realitätsnah, emotional. Was mir ganz besonders an der Geschichte gefallen hat: Die wirkte auf mich nicht "gestellt": weder "gewollt witzig" noch "gewollt traurig", sondern authentisch und natürlich.

Nur mit dem Titel des Romans hatte ich so meine Schwierigkeiten, wobei nach dem man den Roman gelesen hat, kann man nachvollziehen, aus welchem Grund das Buch diesen Titel trägt.

Ein berührendes Buch, das ohne aufgesetzte Dramatik sehr intensiv und eindringlich wirkt. Es hat mir ausgesprochen gut gefallen.