Rezension

Brisantes Thema, mangelhafte Umsetzung

Zone C - Sebastian Caspar

Zone C
von Sebastian Caspar

Bewertet mit 2 Sternen

Crystal Meth ist leider ein sehr aktuelles Problem. Gerade im Osten Deutschlands – und ganz besonders in den Gebieten, die nah an der tschechischen Grenze liegen – gehört die verheerende Droge schon beinahe zum Alltag. Und das ist weit mehr als nur ein Klischee, denn ich selbst wohne in einem sächsischen Landkreis unweit der Landesgrenze zu Tschechien und kann nur bestätigen: Crystal, kurz „C“ genannt, ist hier traurigerweise ziemlich „in“. Sebastian Caspar hat sich in seinem Debütroman „Zone C“ mit Crystal Meth beschäftigt. Seinen rastlosen Protagonisten Sten schickt er darin kreuz und quer durch eine nicht namentlich genannte Stadt Ostdeutschlands. Der 19-jährige Sten verdingt sich als Paketfahrer, wird gekündigt und dröhnt sich mehrmals täglich mit Crystal und anderen Drogen zu. Der Roman wird in der Ich-Form aus Stens Sicht erzählt, der über die Trennung von seiner Freundin Asic nicht hinwegkommt.

„Zone C“ ist sehr düster – und das nicht nur rein äußerlich. Auf den insgesamt 153 Buchseiten findet sich wenig Erhellendes. Teilweise sehr rüde, wirr und verstörend schildert Sten sein tristes Dasein, das maßgeblich von den Drogen bestimmt wird. Anfangs haben mir die atmosphärischen Schilderungen von Sonnenuntergängen und Sommerregen sehr gut gefallen,  aber irgendwann war es einfach „too much“. Sicher, „Zone C“ ist kein Buch, das man einfach so zum Abschalten lesen kann. Das Thema wiegt schwer – und der Schreibstil von Sebastian Caspar ist es auch. Ich habe in diesem Buch die Dialoge vermisst. Außerdem wollten sich zu den handelnden Personen so gar keine Bilder vor meinem inneren Auge einstellen. „Crystal ist eine harte Droge für Verlierer“ hat der Autor einmal in einem Interview gesagt. Sicher, rein objektiv ist Sten ein Loser. Aber er hat Köpfchen, besucht ein Bach-Oratorium und kann sich überaus gewählt ausdrücken: Das alles würde mir nicht prioritär zu einem „C“-Konsumenten einfallen. Deshalb fehlt es mir in diesem Buch an Authentizität. Auch der Umstand, dass der arbeitslose Protagonist, der mehrere Dosen Crystal, andere Drogen und viele Zigaretten täglich benötigt, sich spontan und locker aus der Hüfte einen Flug nach Tunesien nebst Unterbringung im Luxushotel leisten kann, geht scharf an der Realität vorbei. Denn Sten dealt schließlich nicht – das würde zumindest erklären, warum er permanent liquide ist.

Am Ende hat mich das hochtrabende, philosophische Gejammere von Sten nur noch gewaltig genervt. Ich habe bloß deshalb tapfer bis zum Ende durchgehalten, weil 153 Seiten recht überschaubar sind. Dennoch war ich einmal kurz davor, das Buch für alle Ewigkeit zuzuklappen, denn eine Szene hat mich ganz besonders angewidert: Zwei nackte Kinder schmieren den Hintern von Stens bestem Freund mit Schokoladenpudding ein. Da fehlten mir schlicht und ergreifend die Worte.

Mein Fazit: Hut ab, dass sich Sebastian Caspar an ein so brisantes und aktuelles Thema heranwagt. Die Umsetzung allerdings ist aus meiner Sicht mangelhaft. Dabei hatte ich mich wirklich sehr auf den Erstling des Leipziger Autors gefreut. Schade!