Rezension

Carpe Diem

Das unendliche Blau - Annette Hohberg

Das unendliche Blau
von Annette Hohberg

Bewertet mit 5 Sternen

Jedes Mal, wenn ich ein Buch von Annette Hoberg schließe, spüre ich die Zufriedenheit, die eine Katze beim Ausschlecken eines Sahneschälchens verspürt. Ich bin satt und zufrieden, weil mir etwas Besonderes geboten wurde. Annette Hoberg versteht es mit Worten zu jonglieren und damit eine einfache Geschichte, deren Thema schon häufig in Büchern vorkam, zu einem unvergesslichen Leseerlebnis werden zu lassen. So auch mit ihrem neuen Buch "Das unendliche Blau ".Auch in diesem Buch geht es , wie in ihren vorhergehenden Büchern, um Schicksale und die Menschen, die damit verbunden sind.

In dieser Geschichte ist Martha die Protagonistin. Sie feiert ihren 50. Geburtstag und als eine Freundin von ihr den Satz fallen lässt :"Carpe diem, wer kann sich das heute denn noch leisten ?", springt bei Martha eine Notleuchte an. Ihr ganzes Leben lang hat sie nur funktioniert, hat durchgehalten, hat sich diszipliniert und dies auch von ihrem Mann und ihrer Tochter verlangt. Die Ehe ist wegen der vielen Affären ihres Mannes in die Brüche gegangen und so lebt sie mit Lina, ihrer Tochter allein in einem spießigen Reihenhaus mit handtuchgroßem Garten. Doch an ihrem Geburtstag wagt sie es, aus ihrem Korsett zu springen, das sie sich selbst all die Jahre angelegt hat. Auf einer Dienstreise hat sie eine Frau aus Bologna kennengelernt und ihr versprochen, sie einmal zu besuchen. Jetzt ist für sie der Zeitpunkt gekommen. Kurz vor ihrem Geburtstag hat sie
die Diagnose bekommen , dass sie Krebs im Endstadium hat. Sie lehnt die konventionelle Therapie ab und macht sich auf den Weg nach Italien , um wenigstens einige ihrer Träume zu leben. Sie merkt, dass wenn sie loslassen kann, nicht alles kontrollieren muss und nicht immer die Sicherheitsleine zieht, das Leben sehr schön sein kann. "Jeden Moment will ich jetzt leben, wissend, dass alles andere Verschwendung von Zeit wäre." Und mit dieser Einstellung erfährt sie sehr viel über sich und begegnet einer neuen Liebe.

Wie schon zu Anfang erwähnt, bin ich immer wieder fasziniert von der Verbalakrobatik dieser Autorin. Da sind Sätze, die wie hingetupft wirken und die man zwei ,drei Mal liest, weil sie einfach so schön klingen. Sie lassen Bilder im Kopf des Lesers entstehen, die mehr als plastisch sind.
Nach 3 Büchern dieser Autorin, vermag ich nicht zu sagen, dass mir das eine oder andere Buch besser gefallen hat, sie sind alle für sich sehr schön und die Qualität ist auf gleichem Niveau geblieben. Die Geschichten betreffen Menschen , meist in Ausnahmesituation, aber ihre Figuren sind anfassbar und sehr liebevoll beschrieben, sodass man gleich einen Bezug herstellen kann und sich manchmal sogar mit ihnen identifiziert.

Ich habe dieses Buch leider verschlungen, man hätte es eigentlich häppchenweise genießen sollen, aber wer weiß, vielleicht werde ich es ja später im Lehnstuhl noch einmal zur Hand nehmen.