Rezension

Das Jahr 1969

Der Sommer meiner Mutter - Ulrich Woelk

Der Sommer meiner Mutter
von Ulrich Woelk

Bewertet mit 4 Sternen

Der Sommer meiner Mutter ist eine melancholische Coming-of-age-Geschichte. Sie wird geprägt durch den ersten Satz:

„Im Sommer 1969, ein paar Wochen nach der ersten bemannten Mondlandung, nahm sich meine Mutter das Leben“

 

Durch die dadurch entstandene Stimmung wird der Roman zu etwas besonderen, der sich von anderen, oft auch banalen Geschichten um heranwachsende unterscheidet.

 

Tobias war damals 11. Erzählt wird die Geschichte vom jetzt erwachsenen Tobias, der sich an dieses Jahr und was vor dem Suizid passierte zurückerinnert. Das ist handwerklich sauber gemacht und funktioniert.

Die Zeit 1969 und die Stimmung dieser Zeit wird lebendig.

 

Für Tobias und seinen Eltern werden die neu hinzugezogenen Nachbarn wichtig. Die sind weniger konservativ als sie selbst und irgendwie freunden sie sich sehr an. Da ist auch die 13jährige Tochter Rosa.

Es ergibt sich eine Konstellation, die neues in Gang setzt, insbesondere auch für Tobis Mutter, die erste Emanzipationsversuche wagt.

 

Obwohl ich die Figuren mag, erfüllen sie doch die Stereotype.Ich hätte sie mir vielschichtiger gewünscht. Sie sind sehr konstruiert. Aber das wird so gebraucht, um den versuchten Ausbruch der Mutter aus den Konventionen zu erzählen. Der dann freilich mit schlimmen Konsequenzen scheitert.

 

Ich mochte auch Rosa und ihre Gespräche mit Tobi. Die hatten Tiefe und waren für den Jungen von Bedeutung. Dennoch war auch Rosa etwas überzeichnet, sie hatte fast nichts kindliches. Tobis Schwanken zwischen kindlichen und jugendlichen Empfindungen hingegen, erschienen mir sehr glaubhaft wie auch die Entwicklung der gesamten Geschichte.

 

Man kann sich von der Handlung beim Lesen kaum losreißen, da der Roman so eine Dichte und Geschlossenheit besitzt.