Rezension

Das Leben, das Altern und der Tod

Ein Leben mehr - Jocelyne Saucier

Ein Leben mehr
von Jocelyne Saucier

Bewertet mit 4 Sternen

Jocelyne Saucier erzählt hier von ganz eigenen/alten Menschen, die sich im Wald versteckt/sich zurückgezogen haben, um dort, abseits der Zivilisation, ihren Lebensabend zu verbringen.

Die Rede ist von Charlie, Tom und es gab auch noch einen dritten Alten, Boychuck, aber der ist vor kurzem gestorben ...
Wer sich nun fragt, wie man als über 90-Jähriger in einer Waldhütte auf Dauer überleben kann: es ist nämlich so, dass die Männer von jüngeren Freunden, die dubiose Geschäfte führen, Hilfe in Form von allem möglichen materiellen Zeug erhalten.

~ "Man ist frei, wenn man sich aussuchen kann, wie man lebt." ~
(S. 7)

Aber wer glaubt, dass das wohl nur eine ziemlich langweilige Geschichte über alte Männer, die im Wald auf ihr Ableben warten, ist, der irrt. Einer der Freunde bringt nämlich schon bald seine Tante, die alte Dame, oder Marie-Desneige, wie sie schon bald genannt wird, mit in den Wald. Die alte Dame hat eine ein wenig traurige Lebensgeschichte hinter sich und je mehr man von ihr erfährt und man mitbekommt, wie sie im Wald und allen voran bei Charlie, aufblüht, desto mehr wünscht man sich, man hätte sie schon eher aus der Zivilisation in die wilde Natur, zu den Alten gebracht.
Und dann gibt es da noch die Fotografin, eine plötzlich auftauchende, jüngere Besucherin, die sich erstens für alte Menschen, von denen sie Fotos schießen kann und zweitens für den toten Boychuck, der der letzte Überlebende vom großen Brand in Matheson gewesen sein soll, interessiert.

~ Die beiden Einsiedler waren ganz besondere Exemplare in ihrer Sammlung alter Leute. ~
(S. 86)

Aber dass die Fotografin gar nicht mehr gehen will bzw. immer wieder kommt, damit hat niemand gerechnet. Ich auch nicht. Aber nicht, weil ich die Idee, in einer Hütte im Wald zu leben, schrecklich finde, sondern eher, weil diese alten Menschen in den Wald gegangen sind um dort ihr restliches Leben bis zu ihrem Tod zu genießen und die Fotografin da eben irgendwie ... nicht reinpasst.

Marie-Desneige ist ein ganz besonderer Charakter. Als zartes, zerbrechliches Vögelchen wird sie von der Autorin dargestellt und es war sehr schön, zu lesen, dass für sie nun, bei Charlie im Wald, ihr Leben erst richtig beginnt ...

~ Keiner von uns will sterben, fügte Charlie hastig hinzu, aber es hat auch niemand Lust auf ein Leben, das einem nicht mehr gehört. ~
(S. 106)

Auch die Liebe bekommt in diesem Buch noch ihren Platz, sie muss erst vielleicht noch ein bisschen warten, aber dann, dann kommt sie, zeigt den Charakteren, wie es mit ihr sein kann und lässt ein Gefühl zurück, das sich anfühlt, als hätte man ein Leben mehr ...