Rezension

Das mit dem Putzlitzerpreis ausgezeichnete Buch gehört in jedes Regal.

Das geraubte Leben des Waisen Jun Do - Adam Johnson

Das geraubte Leben des Waisen Jun Do
von Adam Johnson

Die Antwort lautet: Dies ist nicht der echte Kommandant Ga! (Seite 339) Eigentlich sollte ich die Rezension bis Ende Abril fertig haben, aber geklappt hat es irgendwie nicht. Ja ich habs gelesen, aber dazu brauchte ich viel mehr Zeit, als ich ürsprünglich dachte.
Das Buch braucht die Zeit des Lesers, denn es braucht deine volle Aufmerksamkeit und holt sich die mit aller Macht.Eigentlich hat es mich sehr schockiert. Nicht weil es so furchtbar schlecht ist, sondern weil das Leben so viel anders ist. Schockierend, weil das Buch Grausamkeiten bereithält und sie wie beiläufig klingen lässt. Das Buch soll eine Fiktion sein, dennoch stellt sich mir hier die Frage, wie viel tatsächlich doch dort in diesem so fremden Land passiert. Ein Land, das immer herausfordert und mich nicht reizt, dieses kennenzulernen, zu erleben oder sogar zu hinterfragen. Wobei letzteres vielleicht immer getan werden sollte.
Der Autor entführt mich in eine Welt, wo eine Waisenjunge, das gar keine Waise ist, aufwächst. Jun Do versteht die Welt nicht, in der er lebt. Sein Land nicht und auch Amerika nicht. Mir kommt er so rüber, als würde er sein ganzes Leben nicht verstehen. Im ersten Teil geht es um seine Jugendzeit und den ersten Schritten in eine ihm unbekannte Welt. Man kann versuchen, sich mit ihm zu identifizieren, aber mir selbst gelang es nicht. Sie ist so anders, sie ist mir fremd, und doch glaube ich ein Teil der Geschichte. Im zweiten Teil versteh ich ihn noch weniger. Es scheint, als würde er sich eine andere Identität zulegen. Man lernt einen ganz anderen Jun Do kennen.
In einer Welt aufzuwachsen, in der alles vorgegeben ist, selbst das was man zu sagen hat, können wir uns kaum vorstellen. Und dennoch geschieht das wirklich. Freiheit kennt nicht jeder Mensch und hier in diesem ausgezeichneten Roman, wird dir solch eine Welt vorgezeigt. Auf Grund dessen, das der Autor selbst dort recherchiert hat, zumindest in dem Umfang, in dem es ihm möglich war, finde ich das Buch authentisch, auch wenn es reine Fiktion sein soll, bin ich mir sicher, EInzelheiten sind hier nicht alle erfunden.
Mich hat das Buch einerseits fasziniert und gleichzeitig auch schockiert. Es ist keine Lektüre, die man sich eben mal über Nacht reinpfeift. Zeit ist hier ein wichtiger Faktor. Ohne diese Ruhe kommst du raus und verstehst die Personen noch weniger. Gewalt ist hier alltäglich und irgendwie so selbstverständlich, das es die die Haare zu Berge stehen lässt. Schon sehr geschickt gelöst von Adam Johnson. Und es finden sich hier tolle Dialoge, Gedankengänge und selbst ein wenig Homur kann man hier finden.
Und was man  nicht vergessen darf, hier gibt es eine Liebesgeschichte, die sich zu verfolgen lohnt. Trotz der Grausamkeiten, die einen Gänsehaut verursachen, trotz der Fiktion und Authentität des Romanes, trotz der teilweise wirklich lockeren witzig geschriebenen Textpassagen, darf man hier diese kleine Blase der Liebe miterleben. Ich fand das wirklich sehr gut eingearbeitet in dieser doch so ganz anderen Geschichte des "Waisenjungen" Pak Jun Do.
Ich kann das Buch jedem empfehlen, der es mal ernster mag, der Diktaturen erleben möchte und den Anspruch etwas höher setzt. D